UNTER DEUTSCHEN HEIZPILZEN V – Uniformen und Farbenlehre

Recherchiere zur Zeit die Geschichte der Polizei in Deutschland und entdeckte dabei, es gibt einen TAG DER UNIFORMEN, veranstaltet von den Arbeitsagenturen, um junge Leute für einen Job im Staatsdienst zu begeistern. Da kamen mir gleich einige dumme Gedanken . . .

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Laut dem veröffentlichten GfK Global Trust Report der Berufe 2018, vertrauen 84% der Deutschen der Polizei, das sind 2% mehr als 2016 und drei Prozent mehr seit 2013. Nur 65% fanden die Justiz und Gerichte vertrauenswürdig. Die Politiker hingegen rangieren mit 14% ganz am Ende, noch weit hinter Werbern, 25%, und Versicherungsverkäufern, 23%.

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Die Popularität der Ordnungshüter sagt einiges über der Deutschen Verhältnis zu den Freunden und Helfern aus. Spontaner Gedanke: Logisch, 50 Jahre Dauergehirnwäsche durch Tatort und Co. bleiben halt nicht folgenlos. Vielleicht ist aber auch Modeschöpfer Heinz Oestergard Schuld, der 1971 den Uniformen einen legeren Freizeitschnitt verpasste, sie grün und beige umfärbte und damit den deutschen Polizeibeamten in den freieren Zeitgeist beförderte, den die Mode der 1970-ziger Jahre repräsentierte. Nur Schade, dass sich damals die bösen Mädchen und Buben der Rote Armee Fraktion nicht mit den äußerlichen Zeichen der Abkehr von Obrigkeitsstaat und Nazi-Attitüden zufrieden gaben.

Schöner behelmt – von Oestergard leider unberücksichtigt

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Kaum eine Generation später, im Jahre 2003, begann die Umkleidung der Ordnungshüter in blaue Uniformen. Politik und Polizei versprachen sich mehr Respekt vor einem Blauen als vor einem Grünen. Interessante Auslegung der Farbenlehre, in der steht blau für Harmonie, Zufriedenheit, Ruhe, Passivität, Unendlichkeit (Letzteres im Kontext mit der Polizei ein unheimlicher Gedanke), mit der Farbe grün wird Durchsetzungsvermögen, Frische, Beharrlichkeit und Entspannung assoziiert. Hmm … bezeichnet im Volksmund die Farbe blau nicht einen wenig Respekt heischenden Zustand, die Farbe grün hingegen Unerfahrenheit? Welchen Zustand wünscht sich nun der vertrauensselige Bürger von seinen Ansprechpartnern in Uniform?

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Bemerkenswert, dass sich Bund und Länder ausgerechnet der ästhetischen Initiative eines koksenden Hardliner-Richters anschlossen, dem Rechtsbeugung und andere Vergehen zur Last gelegt werden, und der sich zwischenzeitlich in Rio seine Altersbezüge durch die Nase zog, bevor er begann, sich im Reality-TV Promi-Sumpf zu suhlen.

Bürgernahe Uniform 2025?

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Interessant ist ferner festzustellen, den Befehlsempfängern und Vollstreckern der Staatsgewalt wird vertraut, den Befehlsgebern, Politik und Justiz dagegen misstraut. Typisch deutsch. (Vielleicht sollte das auf die Plakate der missglückten Heimatkampagne des Bundesinnenministeriums.) Lässt dies zudem die Schlussfolgerung zu, dass der Deutsche im Allgemeinen unterwürfig und obrigkeitshörig ist, sich dafür hasst und zugleich darüber freut?

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Ganz oben auf der Vertrauensskala stehen im Übrigen Feuerwehrleute mit 95%, Ärzte befinden sich knapp dahinter. Die beiden Berufsgruppen helfen wohl am Ehesten.

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Die vorgenannten Zahlen können sich auch durch die Überalterung der Bevölkerung erklären, bei alten Menschen steigt bekanntlich das Bedürfnis nach Sicherheit und Ordnung.

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Der Kabarettist Rainer Basedow sang vor ewigen Zeiten mal das schöne Lied: „Ich kann nichts, ich bin nichts, gebt mir eine Uniform.“ Wird diese Hymne für alle Talentfreien bei den Arbeitsagentur-Veranstaltungen angestimmt? Falls nein, warum nicht?

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