MACHIAVELLI für den Pöbel

Weil es so schön in eine aktuelle Recherche passt: Morgen führt uns die einzig verbliebene Supermacht – THE BLACK IRON PRISON wie PKD in der guten alten Nixon-Zeit sein Heimatland nannte – ein weiteres Mal vor, wie die wirklich Mächtigen das verbliebene Stimmvieh über vorgegebene Varianten abstimmen lassen, damit sich nichts ändert. Anlass, um über Demokratie und Macht in der besten aller deutschen Republiken nachzudenken . . .

In unserer repräsentativen Demokratie wählen die Wahlberechtigten unter den Bürgern die Stellvertreter für ihre politische Willensbekundung als Abgeordnete in ein Parlament (Stadt, Land, Bund – konnte mir Fluss gerade noch verkneifen).

Diese Abgeordneten gehören in der Regel politischen Parteien an. Damit ein Politiker als Kandidat aufgestellt wird, muss er innerhalb seiner Partei Unterstützung finden. Damit er vom Bürger gewählt werden kann, muss er außerhalb Aufmerksamkeit auf sich ziehen und Mehrheiten hinter sich vereinen. Das gilt prinzipiell für den Gemeinderat wie für den Bundestag. Die Idee hinter „Mehrheit“ ist das Mehrheitsinteresse, wer das auf sich vereinen kann, der wird in der Regel auch (Stimm-)Mehrheiten bekommen. Dazu muss der Kandidat „politisch wie persönlich überzeugen“ können.

Die Hauptaufgabe einer politischen Partei es ist, politische Macht zu erlangen und sofern diese erlangt wurde, die politische Macht zu behalten. (Um eine gute, für die Bevölkerung kurz- und vor allem langfristig mehrheitlich positive Politik, geht es bestenfalls in zweiter Linie.)

Politiker definieren den historisch in Deutschland belasteten Begriff Macht gerne als „Fähigkeit, etwas umzusetzen“. O-Ton: „Macht, um zu gestalten“. Schaut man sich die Gestalten jedoch näher an, denen es angeblich so sehr ums Gestalten geht, dann kommen berechtigte Zweifel am Wahrheitsgehalt ihrer Worte auf.

Machtmissbrauch überrascht nicht – Plakat auf einem Frauenmarsch in Los Angeles

Sprechen wir es offen aus: Es geht um die Macht per se, darum, persönliche Macht zu erlangen und, sofern man oben ist, persönliche Macht zu erhalten. Dafür benötigt ein Politiker viele Talente, die weniger mit den ethischen Vorstellungen von Moralphilosophie oder religiöser Morallehre gemein haben, als mit dem knallharten Machtkalkül wie Niccolò Machiavelli (1469 – 1528) es im Il Principe beschreibt.

Der Legende nach ist Der Prinz der wohl längste und erfolgloseste Bewerbungsbrief der Welt (er hatte den in Ungnade gefallenen Machiavelli nicht wie erhofft, politisch rehabilitiert), dafür wurde seine „berüchtigte“ Abhandlung über die richtige Erlangung und den richtigen Gebrauch von Herrschermacht zum Leitfaden für jeden Machtgierigen, ob nun Dauervorstand im lokalen Kaninchenzüchterverein „Großer Klopfer e.V.“ oder Präsident irgendeines Superfickerstaates.

In unseren von Propaganda beherrschten Zeiten, in denen es nur um Wahrnehmung (Erscheinung) und nicht um Wirklichkeit oder Wahrheit geht, sind zehn ausgewählte Aussagen aus dem Füllhorn der Weisheiten des alten Niccolò zur besseren Orientierung im Desinformations-Wirrwarr hilfreich. (Sie eignen sich auch, um die Pappenheimer in den gewählten Ämtern abzuklopfen, wie skrupellos sie wirklich sind.)

Hier noch ein Motto der geschickten Machiavellistin im Kanzleramt: „Politik ist auch immer die Politik des Machbaren.“ Haha!

1

„Erscheine so, wie du wahrgenommen werden willst.“

Spiele eine Rolle. Am besten die erfolgsversprechendste Rolle. Das erklärt die Wandlungsfähigkeit vieler Politiker. Sie sind nicht, sie geben vor zu sein – solange die Rolle ihnen nützt. (N.B. Erinnert das nicht stark an „erfinde dich neu?” – Konsumenten-Empowerment und befreiendes New Age Ego-Building mit Machiavelli?)

2

„Jedermann sieht, wie du erscheinst, wenige erfahren, wie du wirklich bist.”

Die Rolle bestimmt, wie man von der Mehrheit wahrgenommen wird. Es kommt also darauf an, sie glaubwürdig zu spielen, und das Wirkliche bleibt verborgen.

3

„Das vulgäre Volk wird immer von der Erscheinung eingenommen, die Welt besteht hauptsächlich aus dem Vulgären.“

Das Volk ist mehrheitlich primitiv und doof und kann problemlos verarscht werden, weil es sich von Äußerlichkeiten, der inszenierten Show einnehmen lässt.

4

„Nichts ist wichtiger, als religiös zu erscheinen.“

Die vielen frömmelnden Heuchler in höchsten Staatsämtern beweisen die Gültigkeit dieser Aussage. Beispiele: Trump und die Evangelikalen, Putin und die Orthodoxe Kirche Russlands, die Erzkatholen der polnischen Regierungspartei usw.

5

„Menschen urteilen generell mehr nach der Erscheinung als nach der Realität. Alle Menschen haben Augen, aber nur wenige besitzen die Gabe des Durchschauens.“

Menschen sind mehrheitlich unkritisch und hinterfragen nicht. Ergänzung zu Punkt 3.

Martialische Köperlichkeit übertüncht politische Ohnmacht?

6

„Versuch nie etwas mit Gewalt zu erreichen, wenn du es durch Täuschung gewinnen kannst.“

Geschickte Täuschung ist der Gewalt vorzuziehen, weil Gewalt immer Widerstand erzeugt.

7

„Menschen sind so einfache Gemüter und so sehr von ihren unmittelbaren Bedürfnissen bestimmt, dass ein Scharlatan stets genügend findet, die bereit sind, sich täuschen zu lassen.“

Heißt: Ein Haufen Blöder findet sich immer. Gutgläubigkeit und „hören zu wollen, was man glauben will“, sind weitverbreitet und warten darauf, entdeckt und ausgenutzt zu werden.

8

„Von der Menschheit wird im allgemeinen gesagt, sie sei wankelmütig, verlogen und gierig.“

Die Algorithmen von Facebook und anderen asozialen Medien, die durch Verstärkung negativer Gefühle die Verweildauer und Aktivität auf ihren Seiten steigern, scheinen diesen Satz sekündlich zu bestätigen.

9

„Wer auf die Menschen baut, der baut auf Sand.“

Auf niemanden ist wirklich Verlass, Menschen wechseln ihre Meinungen und Loylitäten schnell. Also: misstraue jedem und sichere dich immer ab.

10

„Das Versprechen war ein Erfordernis der Vergangenheit, das Wort zu brechen ist ein Erfordernis der Gegenwart.“

Wie sagte Konrad Adenauer: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern?“ Versprich was erforderlich ist, damit du zum Ziel kommst, du bist nicht an deine Versprechen gebunden. Das gilt besonders für Wahlversprechen. Womit wir wieder bei dem oben angeführten Satz des politisch Machbaren wären.

Wird fortgesetzt . . .

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