KEIN SCHUND BEI UNS – Max Säger erhält eine Verlagsantwort

Max Säger hat im Rahmen eines Experiments ein weltbekanntes, fünfzig Jahre altes Buch bei mehreren Verlagen als neues, von ihm geschriebenes Manuskript verbunden mit der Anfrage eingereicht, ob sie eine Veröffentlichung in Erwägung ziehen würden. Die meisten Verlagshäuser sandten es kommentarlos zurück. Nur eines legte eine recht erhellende Antwort bei. Diese will Säger euch natürlich nicht vorenthalten (der Verlag bleibt aus verständlichen Gründen ungenannt) …

LOGLINE

Ein Journalist und sein exzentrischer Anwalt begeben sich auf eine drogengesättigte Reise nach Las Vegas, um ein Motorradrennen und eine Polizeikonferenz zu dokumentieren, verlieren dabei aber vollständig die Kontrolle über sich selbst und ihre Mission.

SYNOPSIS

Teil 1: Raoul Duke, ein Journalist, und Dr. Gonzo, sein samoanischer Anwalt, fahren in einem gemieteten roten Cabriolet nach Las Vegas. Ihr Auto ist voller illegaler Drogen – von Mescalin über LSD bis hin zu Kokain. Offiziell sollen sie das Mint 400 Motorradrennen für ein Sportmagazin dokumentieren. Unter dem Einfluss verschiedener Rauschmittel terrorisieren sie Hotelpersonal, Mitgäste und Einheimische. Ihre Halluzinationen und paranoiden Wahnvorstellungen eskalieren, als sie eine junge Künstlerin namens Lucy aus Montana aufgabeln, die sie mit LSD füttern und schließlich hilflos zurücklassen.

Teil 2: Die beiden erhalten den Auftrag, über eine Tagung der Staatsanwälte zum Thema Rauschgift und gefährliche Drogen zu berichten. In perfider Ironie geben sie sich als Drogenfahnder aus und infiltrieren die Konferenz, während sie selbst massiv unter Drogeneinfluss stehen. Sie höhnen über die Ahnungslosigkeit der Polizeibeamten bezüglich der Drogenkultur und setzen ihre destruktive Reise fort, bis sie schließlich aus Vegas fliehen müssen.

THEMATIK

Das Werk ist eine bissige Satire auf den amerikanischen Traum, Polizeihypokrisie und gesellschaftliche Dekadenz am Ende der 1960er Jahre. Las Vegas dient als perfekte Metapher für den spirituellen und moralischen Bankrott der amerikanischen Gesellschaft. Die Protagonisten verkörpern eine Generation, die die Ideale der Sechziger verraten sieht und sich in Nihilismus und Drogenmissbrauch flüchtet.

Erstgutachten: ABLEHNEN – NICHT VERÖFFENTLICHEN

Hauptbedenken

Inhaltliche Haftungsrisiken:

  • Umfangreiche Verherrlichung illegalen Drogenkonsums ohne Konsequenzen oder Genesungsnarrativ
  • Mehrfache Gewaltdarstellungen gegen Frauen und Servicekräfte
  • Räuberisches Verhalten gegenüber vulnerablen Personen (Lucy-Handlungsstrang)
  • Rassistische Sprache und Stereotype durchgehend
  • Potenzielle rechtliche Risiken durch detaillierte Drogenbeschaffungs-/konsumbeschreibungen

Marktfähigkeit im aktuellen Klima:

  • Keine erkennbare Protagonistenentwicklung oder Läuterungsgeschichte
  • Unerbittlich frauenfeindliche Weltanschauung mit Frauen ausschließlich als Opfer oder Objekte
  • Zelebriert weiße männliche Privilegien ohne Kritik
  • Null Diversität in bedeutsamen Charakterrollen
  • Taub gegenüber zeitgenössischen sozialen Gerechtigkeitsanliegen

Spezifische Warnsignale:

  1. Lucy-Subplot: Unter Drogen setzen und Verlassen einer vulnerablen jungen Frau wirkt nach heutigen Maßstäben wie sexuelle Raubtierhaftigkeit
  2. Hotelmädchen-Szene: Gewalt gegen Arbeiterklassenfrau ohne Konsequenzen
  3. Drogenverherrlichung: Detaillierte Anleitungen für Drogenkonsum ohne Gesundheitswarnungen oder Suchtkommentierung
  4. Toxische Männlichkeit: Protagonisten verkörpern schlimmste Stereotype privilegierten männlichen Verhaltens
  5. Klassenprivileg: Wohlhabende Charaktere missbrauchen Servicekräfte ungestraft

Lektoratsanmerkungen

Schreibqualität: Technisch versiert mit innovativem Bewusstseinsstrom-Stil, aber Stil kann inhaltliche Probleme nicht überwinden.

Zeitgenössische Relevanz: Liest sich wie Zeitdokument aus weniger aufgeklärter Ära. Kein zeitgenössisches soziales Bewusstsein.

Zielgruppe: Unklar, wer das lesen möchte – zu problematisch für Mainstream, zu veraltet für Gegenkultur.

Realitätscheck

Mögliche Aussagen der Redaktionskonferenz:

  • Das würde auf BookTok als Beispiel toxischer Männlichkeit in der Literatur landen
  • Unmöglich an Gen Z/Alpha-Demografien zu vermarkten
  • Rechtsabteilung will nichts mit dem Drogeninhalt zu tun haben
  • Beauftragte für Diversität & Inklusion würde das sofort ablehnen
  • Keine weiblichen Charaktere mit Handlungsmacht – bei unserer Kernleserschaft chancenlos

Soziale-Medien-Haftung:

  • Garantierte Kontroverse ohne entsprechende Verkaufszahlen
  • Autor würde vor Buchtournee gecancelt
  • Personal würde Arbeit an Marketingkampagne verweigern
  • Buchhandlungen könnten Aufnahme ins Sortiment ablehnen

Alternative Empfehlungen

FALLS wir eine Veröffentlichung erwägen würden:

  1. Umfangreiche Triggerwarnungen erforderlich
  2. Historischer Kontextessay obligatorisch
  3. Anhang mit Suchtberatungsressourcen
  4. Marketing als problematisches historisches Dokument positioniert
  5. Erlöse an Suchthilfeorganisationen

Mögliches Vorgehen:

Ablehnung in jetziger Form. Autor vorschlagen, völlig neu zu konzipieren mit:

  • Weiblicher Co-Protagonistin mit gleicher Handlungsmacht
  • Ernsthafter Auseinandersetzung mit Suchtkonsequenzen
  • Verantwortungsübernahme für schädliches Verhalten
  • Zeitgenössischem sozialen Bewusstsein
  • Diverser Nebenbesetzung

FAZIT

Dieses Manuskript ist ein Haftungsrisiko und kein Gewinn. Während das Schreiben technisches Können zeigt, verstößt der Inhalt gegen Verlagsstandards bezüglich Einverständnis, Repräsentation und sozialer Verantwortung.

„Wir sind nicht im Geschäft, problematische Inhalte aus vergangenen Zeiten zu rehabilitieren, besonders nicht von unbekannten Autoren.“

Die Branche hat sich darauf verlegt, marginalisierte Stimmen und Geschichten zu verstärken, die zeitgenössische Werte widerspiegeln. Dieses Manuskript tut das Gegenteil.

EMPFEHLUNG

Klare Ablehnung. Rücksendung an Autor mit Vorschlag zur kompletten Neukonzeption oder bei Verfolgung einer akademischen/historischen Ausrichtung mit umfangreichem Kontextrahmen.

(Der eingereichte Text stammt natürlich von Hunter S. Thompson, sein Titel FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS, 1972, und gilt als humoristischer Meilenstein der US-Literatur. MS)

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