ADIPOSITAS IM SPARSTRUMPF
RADIKALE UMORIENTIERUNG
Die jüngere wirtschaftliche Zeitrechnung begann am 15.08.1971 mit dem Nixon shock, der Aufkündigung von Bretton-Woods durch die Nixon-Administration und der damit verbundenen Abschaffung des Goldstandards für den US-Dollar. Der Grund: die USA waren pleite. Zumindest in Relation ihrer Schulden zu den Goldreserven des Landes. Ein hausgemachtes Problem, dessen Ursache das Abfließen milliardenschwerer US-Militärausgaben ins Ausland war. Imperium spielen ist eben teuer – damals wie heute. Die Lösung des Problems war ein genialer Schachzug.
Mit dem Ende von „Bretton Woods“ lenkten die USA diesen Geldfluss wieder zurück in die Heimat, da die Notenbanken anderer Länder nun US-Staatsanleihen erwarben, die wiederum das nationale US-Haushaltsdefizit finanzierten. Der Dollar wurde zur internationalen Leitwährung und die Federal Reserve die heimliche Weltnotenbank. Das Ausland war quasi verpflichtet den US-Haushalt und damit die Expansion der wirtschaftlichen und militärischen Supermacht zu finanzieren, ob man wollte oder nicht.
Wie das gelang? Indem der Dollar zum Petro-Dollar gemacht wurde, zur offiziellen Währung des globalen Ölhandels – was den OPEC-Staaten durchaus genehm war. Weniger bekannt ist der massive politische Druck, sogar von möglicher militärischer Intervention war die Rede, den Nixon und Kissinger auf Saudi-Arabien und die Öl-Emirate ausübten, damit ihre Dollar-Milliarden aus den Ölgeschäften über die New Yorker Wallstreet abgewickelt, das heißt investiert, wurden.
Die zweite Maxime lautet: Kapital muss investiert werden – sonst ist es wertlos.
SCHWARZES LOCH WALLSTREET
Mitte der 70ziger Jahre begannen die massiven Investitionen der arabischen Staaten in den USA. Die Dollars flossen wieder ins Mutterland zurück. Mit dem Niedergang des Wohlfahrtsstaats keynesianischer Prägung – dessen Errichtung eine der Lehren aus der Weltwirtschaftskrise 1929 war, die zunächst zum New-Deal unter F.D. Roosevelt führte und nach 1945 dann zur neuen Wirtschaftsordnung im zerstörten West-Europa – gewann eine wirtschaftsliberale Gegenbewegung an Boden, deren zentrales Credo Deregulierung lautet. Hayek und sein Schüler Milton Friedman von der Chicago School of Economics waren die Propheten einer freien Markt Ideologie, „der im freien Spiel der Kräfte alles zum Besseren regeln würde“, wenn nur die Ketten der Regulierungen erst einmal gesprengt seien.
Mit Reagan, Thatcher und Kohl begann Anfang der 80ziger Jahre des letzten Jahrhunderts die konservative Wende. (Die ausgerechnet in West-Deutschland „geistig-moralische Wende“ hieß, was angesichts der handelnden Personen, Birne, Gensch-Man und Konsorten, ein nicht geringes Maß an Selbstüberschätzung verriet.) In ihrer Folge wurden die Steuern gesenkt und die marktregulierenden Gesetze und Schutzmechanismen nach und nach abgeschafft – und das weltweit. Das Ergebnis ist die Globalisierung, die nichts anderes bedeutet, als ungehemmter Geld- und Warenverkehr. Den Höhepunkt erreichte die Deregulierung in den USA unter der Clinton-Administration.
1999 fiel die letzte Schranke zur Bändigung des Kapitalmarktes, die Abschaffung des Glass-Steagall-Acts von 1933. Die 66 Jahre währende Trennung von Geschäftsbanken und Investmentbanken wurde aufgehoben. Ab sofort hatten Investmentbanker wieder Zugriff auf die Einlagen der Geschäftsbankkunden, was ihren finanziellen Handlungsspielraum wesentlich vergrößerte, Investmentbanking zu dem Profitbringer der Branche kürte, und damit die Macht der Geldhäuser potenzierte.
Fortsetzung unten …