GLÜCKLICHMACHER – 4

Nachdem Miriam-Luise die letzte Sitzung mit Patient Beau mühsam analysiert hat, pumpt ihr Lebensgefährte sie wieder einmal um Kohle an, weil sein Yogastudio einfach nicht genügend abwirft, um die Miete zu bezahlen. Da erkennt sie ausgerechnet im Verhalten ihres Geliebten die Muster, von denen Beau sprach. Und glaubt, der Himmel sei gepriesen, einen Ansatz gefunden zu haben, den Heiratsschwindler zu knacken. Euphorisch beschließt sie daraufhin, Beau und seine Therapie zum Thema ihrer Doktorarbeit zu machen. Das Einzige, was sie dafür braucht, ist ein Therapieerfolg. Kleinigkeit, oder . . . ?

Lieber von vorn? Dann man zu . . . (oder etwas runterscrollen zu Teil 4)

Weiter mit Teil 4 hier . . .

INNEN. GESPRÄCHSRAUM THERAPEUTIN – TAG

Beau sieht aus wie am Vortag, allerdings ohne Pflaster im Gesicht. Die Wunde ist kaum noch zu sehen. Eine mittelgroße Papiereinkaufstüte steht neben seinen Füßen.

Miriam-Luise trägt heute extra einen klassisch schmalen Rock und hohe, elegante Schuhe. Ihre Haare sind glatt und offen. Sie sieht wie eine erfolgreiche, begehrenswerte Doktorin der Psychologie aus.

Ihr verändertes Äußeres scheint Beau nicht zu überraschen, weder lässt er sich etwas anmerken, noch kommentiert er es.

Miriam-Luise hat das registriert, fragt aber nicht danach. Das will er ja nur. Sie durchschaut sein Spiel.

Stille. Beide sitzen einander gegenüber und blicken sich freundlich an. Wer zuerst zuckt, der hat verlor-

MIRIAM-LUISE: Erzählen Sie mir von ihrer Kindheit.

Sofort verändert sich Beaus Gesichtsausdruck, er wirkt distanziert, verschlossen.

MIRIAM-LUISE: Wie war das damals?

BEAU: Wie bei anderen Kindern.

MIRIAM-LUISE: Und was meinen Sie damit?

BEAU: Na, wie Kind sein eben ist.

Miriam-Luise blickt fragend. Beau schweigt. Beide schweigen, bis die Stille schließlich unangenehm wird.

BEAU (klingt nach seiner Mutter): Laut (Pause) Anstrengend. (Pause) Bis endlich Ruhe war.

MIRIAM-LUISE: Wann war Ruhe?

BEAU: Als er abgehauen ist.

MIRIAM-LUISE: Sie reden von Ihrem Vater?

Beau antwortet nicht. Stattdessen beugt er sich vor, greift die Papiertüte und setzt sie auf seine Knie ab.

BEAU: Frau Winter, ich möchte Sie um Entschuldigung bitten. (Pause) Ich habe mich gestern ungebührlich verhalten …

SHOT: Vorn Beau, er holt aus der Papiertüte einen Gegenstand hervor, den wir nicht klar erkennen können. Im Hintergrund Miriam-Luise, die versucht ihre Überraschung zu kontrollieren.

Roter Schick fürs Handgelenk – kann Frau da widerstehen?

Jetzt erkennen wir, es ist die exklusive Handtasche, die bei der 1. Sitzung kurz auf Miriam-Luises Handy zu sehen war.

BEAU (lächelnd): Das ist doch die Handtasche, die Ihnen so gefällt?

Er steht auf und präsentiert ihr die Handtasche. Miriam-Luise nimmt sie zu ihrer eigenen Überraschung mit beiden Händen.

MIRIAM-LUISE (betrachtet Handtasche): Sie wissen genau, dass sie mir gefällt. Sehr sogar.

BEAU: Dann nehmen Sie meine kleine Wiedergutmachung bitte an.

Miriam-Luise ist erneut überrumpelt – und sehr berührt.

MIRIAM-LUISE: Die kostet doch ein Vermögen.

BEAU: Es bereitet mir eine große Freude, Ihnen eine besonder Freude zu machen.

MIRIAM-LUISE: Aber Sie sind völlig mittellos, woher haben Sie-

BEAU (unterbricht): Ist es wegen Ihres Vaters? Der hat Ihnen bestimmt keine Geschenke gemacht. Gottgleich in weiter Ferne, der ach so große Wissenschaftler.

Beaus Wissen über ihren Vater erschrickt Miriam-Luise.

MIRIAM-LUISE: Ich kann das nicht annehmen.

BEAU: Doch, das können Sie, Miriam-Luise.

Miriam-Luise wirft Beau die Handtasche zu. Er fängt sie auf.

BEAU: Der Corlier-Shop war so freundlich, mir die Tasche für Sie zu überlassen. Zur „Anprobe“. Sie können es sich jederzeit überlegen.

MIRIAM-LUISE: Ich werde jetzt überlegen, Herr Scholtes, ob es überhaupt noch Sinn macht, Ihre Therapie fortzuführen.

Angespannte Stille. Beau steht auf, packt die Handtasche zurück in die Papiertüte.

BEAU: Das täte mir wirklich sehr leid. Die Sitzungen mit Ihnen sind ein Segen. (Pause) Niemand versteht mich so wie Sie.

MIRIAM-LUISE: (sanfter aber entschieden): Bringen Sie die Tasche zurück.

Er signalisiert nach langem Zögern schließlich Zustimmung, geht mit der Papiertüte zur Tür.

BEAU (dreht sich kurz um): Heute sehen Sie übrigens wie eine erfolgreiche Doktorin der Psychologie aus, Frau Winter. Die Welt gehört Ihnen.

Miriam-Luise blickt ihn ungerührt an.

OFF: Beau verlässt den Raum, die Tür schließt hinter ihm.

Wir bleiben bei ihr. Sie wirkt völlig konsterniert. Beau hat ihre tiefste Motivation enthüllt. Er ist ihr unheimlich …

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