Nachdem eine Gruppe Kinder und Jugendliche abends auf einem Spielplatz in Zepter von vermummten Männern zusammengeknüppelt wurden, geraten auf der Polizeiwache Eltern und Polizisten aneinander …
„Wir kommen soeben aus dem Krankenhaus, unser Sohn wurde gestern verprügelt. Ein Schlägertrupp ist über Kinder und Jugendliche auf dem Spielplatz Dreierstraße hergefallen“, adressierten ein südländisch aussehender Mann mit schwarzen Haaren und eine rothaarige Frau vor dem Tresen den Leiter der Polizeiwache.
„Wann genau war das, Herr Abbas?“, fragte Willes den ersten Vorsitzenden der ,Nachbarn in Zepter‘, einen sich um Integration bemühenden Bürgerverein, der in einer ehemaligen Änderungsschneiderei ein kleines Begegnungscafé unterhielt.
„Gestern Abend, um Viertel nach neun.“
„Was für ein Schlägertrupp denn?“
„Mehrere erwachsene Männer in schwarzen Overalls mit Knüppeln. Sie waren maskiert und trugen Helme.“
Die Kollegen Hubert und Jürgen merkten auf.
Willes fragte: „Und wer wurde alles verletzt?“
„Bestimmt fünfzehn Jungen. Der älteste ist vielleicht siebzehn, der jüngste gerade mal zwölf.“
Die drei uniformierten Polizisten sahen sich überrascht an.
Sina, die dem Chef in das Großraumbüro gefolgt war, wollte wissen: „Waren Rifis auch darunter?“
„Unser Sohn war darunter“, sagte Abbas zu ihr und dann zu Willes: „Unser Sohn geht aufs Gymnasium. Er ist nicht kriminell.“
„Wie geht es ihm?“ fragte Sina.
Frau Abbas betrachtete Sinas Verletzung im Gesicht. „Schlechter als Ihnen. Jassir liegt auf der Intensivstation. Ihm wurde ein Arm gebrochen. Er hat eine Gehirnerschütterung, schwere Prellungen und Platzwunden.“
„Das tut mir leid.“
Willes machte eine auffordernde Geste, woraufhin Sina sich widerwillig verabschiedete und die Wache durch den Vordereingang verließ.
„Niemand von der Polizei hat sich dort blicken lassen. Warum nicht?“, fragte Herr Abbas.
„Das ist das erste, was ich davon höre“, sagte Willes und warf seinen Kollegen fragende Blicke zu: „Ihr?“ Niemand schien etwas gehört zu haben. Er wandte sich wieder an die Eltern: „Wir wissen nichts von einem nächtlichen Überfall.“
„Was hat ein Zwölfjähriger auch um neun Uhr abends auf dem Spielplatz zu suchen?“, sagte Hubert halblaut.
„Das habe ich gehört. Wie ist ihr Name? Das wird Konsequenzen haben“, rief Abbas.
„Jetzt beruhigen Sie sich wieder. Wir nehmen den Sachverhalt auf. Also fünfzehn Jungen. Hubert, telefoniere die Krankenhäuser ab. Es müssen doch noch mehr Verletzte eingeliefert worden sein.“
„Das ist es ja. Niemand wurde eingeliefert“, sagte Abbas. „Meine Frau und ich haben die Sache selbst in die Hand genommen. Was mit den anderen Opfern ist, wissen wir nicht.“
„Ich kann ja noch verstehen, das keiner zu uns kommt. Aber dass keiner ins Krankenhaus geht oder zu niedergelassenen Ärzten? Ne, ne. Hubert, nimm du die Anzeige von Familie Abbas auf. Ich kümmere mich um die Krankenhäuser.“
„Herr Willes, Sie kennen mich“, sagte Abbas. „Dann wissen Sie auch, dass diese Sache nicht mit einer Anzeige erledigt ist, die nach sechs Wochen wegen unzureichender Ermittlungsansätze wieder eingestellt wird. Heute Nachmittag ist das Fernsehen und die Presse da. Uns reicht es ein für alle mal.“
„Meinetwegen. Aber um in dieser Sache überhaupt offiziell ermitteln zu können, benötigen wir Ihre Anzeige.“