Die geisteskranke Gegenwart scheint jede Zukunft auszuschließen. Das jedenfalls blöken die Apokalyptiker, Prepper und solche, die mit Schrecken und Ängsten Geld verdienen. Die Systemheloten benutzen die Strategie der Panikmache, um den Status quo zu erhalten, die andere Fraktion hat den nach der Wende abgeschafften Bundesverband für den Selbstschutz beerbt und versucht auf dem Weg in den selbstausgeschachteten Atomschutzbunker, noch ordentlich Reibach zu machen. Wie sonst ist es zu erklären, dass die größten Untergangshysteriker nur auf Youtube-Kanälen u.ä. erscheinen, die zugleich ihre Waren, Dienstleistungen und risikolosen Geldanlagen feilbieten? Wer von den zeternden Schwachmaten die Faxen dicke hat, der kann sich ins folgende SF-Abenteuer stürzen, das nach der heraufbeschworenen Apokalypse spielt. Have fun … oder Schauder, ganz wie’s beliebt …
INNEN. DYSTOPIA, HÖHLE DES SCHAMANEN – NACHT
Tiefschwarze Leinwand …
TITEL: DIE ZUKUNFT IST HIER.
Unvermittelt flackert Licht auf. Eine Fackel wird angezündet. In ihrem Schein sehen wir eine rußgeschwärzte Wand voller Risse, abgeplatztem Putz, Beulen, Löchern.
Wir befinden uns in einer ausgetrockneten Kanalisation. Alte Rundbogenmauerwerkgänge, die an eine Höhle aus menschlicher Frühzeit erinnern. Hier unten herrscht ein leichter Luftzug. Das Fackellicht flackert über Wände, die voller Höhlenmalereien sind. Bilder wie aus der Steinzeit, wie in der Höhle von Lascaux. Doch erzählen sie von unserer Welt, von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft …
BILDER:
Unser blauer Planet. Eine riesige Sonne daneben. Feuer auf dem Planeten.
Die Kontinente schrumpfen, Wasser breitet sich aus.
Deutlich kleinere Landmassen bleiben übrig. Die Katastrophe, eine neue Sintflut.
Menschen drängen sich auf den Restkontinenten. Armeen, Raketen, Bomber. Krieg und Zerstörung.
Dann folgt die ZÄSUR.
Vereinzelte Menschen. Ein Mann in einem Businessanzug erscheint Gott gleich überhöht auf dem Restkontinent. Zu seinen Füßen liegt UTOPIA, das Paradies auf Erden.
Off: Tranceartiges Summen. Eine Mischung aus Aborigine-Lauten und dem Brummen eines Jazzpianisten, der sein Klavierspiel begleitet. Rhythmisch, melodisch und doch fremdartig.
Eine Hand mit einem weichgekauten Ast als Pinsel nähert sich der Wand. Der Pinsel streicht in klaren, entschlossenen Bewegungen über die Oberfläche. Vor unseren Augen entsteht ein neues steinzeitliches Höhlengemälde.
Wir sehen den Maler:
Ein SCHAMANE (70), hager, verdreckt, lange graue, verfilzte Haare und Bart, Turnschuhe zu Slippern geschnitten, schmierige Army-Cargohose, darüber die Reste eines Businesshemdes und ein Nadelstreifen-Sakko.
POV Höhlenwand: Der Schamane malt wie auf Glas. Das Bild scheint sich dreidimensional zu entfalten und in einer Art geraffter Animation zu entstehen. Er führt den Pinsel intuitiv, jeder Strich ist perfekt, er sieht nicht einmal richtig hin und summt wie in Trance.
Off: Zu dem Summen schwillt sphärische Trancemusik.
Das Bild: Wir sehen ein weibliches Gesicht, dessen Schönheit die einfachen Linien perfekt einfangen.
Off: Unter die lauter werdende Trancemusik mischt sich harter, stampfender Beat.
MATCH CUT ZU:
INNEN. DYSTOPIA, CLUB INFERNO – NACHT
Das gemalte Gesicht ist auf einmal in lebendiger Schönheit vor uns. Engelsgleich, es verschlägt uns beinahe der Atem, scheint sie uns mit weiten Augen anzuschauen. Das ist Gloria, genannt RIA (16). Sie hat eine bleiche Haut, trägt ein enges T-Shirt und eine enge Hose. Die Kleidung schimmert edel.
Ihre Blicke saugen die Umgebung förmlich auf:
Der Club INFERNO macht auf uns den Eindruck, als wäre er Sodom und Gomorra auf Endzeitdroge: eine Never-Ending-Doom-Party. Noch halten wir alles, was es hier gibt, für inszeniertes Entertainment-Marketing, Disney-Doom: die Girls, die Boys, die Drogen, der Sex, Schwarzmarkt für Sklaven, Kinder und Mietkiller.
Das INFERNO wirkt wie ein Sündenpfuhl. Darum übt es eine magische Anziehungskraft auf reiche Gäste aus. Unzählige Menschen tanzen dicht gedrängt zu dem stampfenden Trancebeat. Frauen und Männer in aufreizenden Bewegungen, ihnen geht es nur um SEX. Für die einen zum Vergnügen, für die anderen zum Überleben.
Auffällig die WANDELNDEN FESTUNGEN neben den reichen Gästen. Das sind Mietbodyguards. Ehemalige Elite-Soldaten, die für Sicherheit auf Zeit sorgen. Sie scannen die feindselige Umgebung mit noch feindseligeren Blicken.
Ria ist von den auf sie einprasselnden Eindrücken überwältigt. Sie ist zum ersten Mal hier. Neben ihr erscheint ein Teenager und reicht ihr ein Glas. Sie nimmt es, dabei sehen wir einen kostbaren Ring an ihrem Finger.
Der Teenager ist ZIG (17), schlaksig, ebenfalls bleiche Haut, Brillenträger, lange Haare, ein GEEK par excellence, voll von Computer-Softwarewissen und unsterblich in Ria verliebt. Leider ist sie für ihn unerreichbar, denn sie sind beste Freunde – und das ist bekanntlich das Schlimmste.
Trotz des Überangebotes an scharfen, willigen Frauen starren fast alle Männer Ria an. Ein Engel unter Huren. Zig hasst die Blicke der Kerle. Ria bemerkt diese gar nicht. Zig vergewissert sich, dass ihr Mietbodyguard (30) direkt bei ihnen steht. Tut er, mit eisenhartem Gesicht starrt der Gigant in die Menge. Der Pöbel hält Abstand.
RIA: Das ist ja unglaublich.
ZIG: Hab ich dir doch gesagt.
RIA: Woher wusstest du davon?
ZIG: Der Zig kennt sig eben aus.
Er zieht ein vielsagendes Gesicht, stößt an ihr Glas. Die coole Geste wirkt ungeschickt. Beide trinken.
In einiger Entfernung, am Rand der Tanzfläche, beobachten zwei Männer Ria.
Der eine Mann ist RIO (19), ein wahrer Romeo, braungebrannt, schlank, halblange Haare, enge Kleidung, der Traum junger Mädchen, Mütter und Frauen jeden Alters. Trotz oder gerade weil er abgerissen und ungebändigt rebellisch wirkt.
Der zweite Mann hat einen Arm lässig um Rios Schultern gelegt. Er ist ein stämmiger, energischer Kerl mit sonnengegerbtem Gesicht. Wir werden ihn als HARK (26) kennenlernen.
Rios Blick fixiert Ria – ihre Erscheinung berührt ihn zutiefst. Es ist, als ob Ria den bohrenden Blick spürt. Sie schaut in die Richtung … und entdeckt Rio. Sofort schaut sie wieder weg.
Dann … langsam blickt sie wieder zu ihm. Er lächelt mit umwerfendem Charme.
Jetzt entdeckt auch Zig den attraktiven Rio. Eifersucht schießt in ihm hoch.
Ria lächelt zurück, schüchtern … Sie wendet sich wieder ab.
Rio hat nur Augen für Ria. Hark, der Typ, der vorhin neben ihm stand, ist längst verschwunden. Dann versperrt der Mietbodyguard ihm die Sicht, als er sie wieder freigibt, ist Ria verschwunden.
Auch Ria kann Rio plötzlich nicht mehr sehen. Sie hält Ausschau, aber er ist fort. Ihre Blicke scannen hektisch die Menschen im Club. Der schöne Junge ist verschwunden.
Auch Rios Blicke durcheilen den Club, scannen die Gesichter. Ria ist nirgends zu sehen.
Enttäuscht drückt Ria Zig ihr Glas in die Hand. Sie schlüpft durch die Menge Richtung Toilette. Die Blicke des Mietbodyguards folgen ihr. Unschlüssig zwei Gläser haltend bleibt Zig zurück.
Kurz vor der Toilette ergreift jemand Rias Arm, sie fährt herum: Rio. Er lächelt.
VFX: Die beiden bilden ihren eigenen Kosmos. Die Musik wird zu einem Hintergrundgeräusch, wie durch Wasser gedämpft. Beide strahlen, dann werden ihre Blicke weich, tief berührt …
In einiger Entfernung steht ein Girl im Retro-Military-Look. Das ist ELEEN (18). Sie ist die Antipode zu Ria. Alles was an Rio bleich und blond ist, ist an Eleen dunkel und exotisch. Sie ist eifersüchtig, es tut ihr verdammt weh, Rio mit einer anderen zu sehen.
VFX: Ria und Rio durchflutet ein bislang ungeahntes Glücksgefühl, unfassbar, unbeschreibbar, einer riesigen aufsteigenden Welle gleich ihre Körper, ihre Herzen. Es überwältigt sie total: Ist das Liebe oder die hormonbedingte Paarungsbereitschaft von Teenagern, die Romantiker als jenes besondere, ach so einzigartige Gefühl deuten? Zeit und Raum sind die beiden jedenfalls aufgehoben. Jedes Wort würde zerstören. Prompt …
ZIG (off) : Wir müssen abhauen …
Sofort schiebt der Mietbodyguard Rio zur Seite. Zig drängt sich zwischen sie, greift Rias Hand.
ZIG: Nichts wie weg. O-SIX ist da …
Tanzfläche: Ein Monstrum von Mann mit kurzgeschorenem Schädel, eine perfekte Kampfmaschine, durchquert den Club. Er sieht aus, als ob er durch Wände marschieren könnte. Die Menge macht freiwillig Platz. Das ist O-SIX (35). Er trägt Lederkleidung, die zwar anliegt, aber gleichzeitig maximale Bewegungsfreiheit zulässt. Er ist mit einer FORTRESS-DESTRUCTION-Multifunktion-Maschinenpistole bewaffnet und mit dem modernsten OMNI-Set für Bild- und Tonkommunikation ausgerüstet.
Unwillig lässt Ria sich fortziehen. Ihre Blicke suchen Rio, dessen Namen sie nicht einmal weiß. Doch der ist nicht mehr zu sehen.
Von ihrem Mietbodyguard abgeschirmt drängen Ria und Zig zum Ausgang.
Rio lehnt an einer Wand und betrachtet den Ring in seiner Hand: Es ist Rias kostbaren Ring. Er hat ihn geklaut.
O-SIX scannt mit suchendem Blick systematisch den Club nach Ria ab, neben seinem rechten Auge befindet sich eine Art gläserner Stecknadelkopf, das Objektiv seiner OMNI-KAMERA.
Ihr Fadenkreuz zoomt auf den Mietbodyguard und seine zwei bleichen, minderjährigen Schützlinge, die soeben den Club verlassen.
Blitzartig setzt O-SIX sich in Bewegung.
. . .
Hey, was soll das? Wie geht’s weiter und wann?
Gemach, alles findet sich.