Wer tatsächlich meint, dass die Blau-Weißen und ihre Kollegen in zivil „Freunde und Helfer“ sind, der sollte noch einmal neu überlegen . . .
Nach vierzig Minuten hat Ines ihr ganzes Monatsgehalt verzockt. Anschließend hängt sie in der Bar eines Hotels im Industriegebiet nahe dem Autobahnzubringer ab, wo immer Außendienstler übernachten. Sie lässt sich von einem der ansehnlicheren Kerle, dessen Namen sie sofort wieder vergisst, einladen und erzählt ihm, sie hieße Conny. Nach vier Bier, drei Wodka und einer elaborierten Version seiner großartigen Karriere geht sie mit auf sein Zimmer.
Der Kerl darf sie nicht küssen. Sie zieht sich aus. Er zerrt aufgeregt seine Klamotten runter. Sie stößt ihn aufs Bett, bläst ihm einen, dann merkt er, das sie ihm einen Gummi übergestreift hat und will auf sie drauf, aber sie stößt ihn wieder zurück, schiebt sich seinen Schwanz rein und reitet ihn. Er ist nur eine Masturbationshilfe mit zwei Beinen. Der Kerl fügt sich. Er kommt zuerst und recht laut. Anschließend pennt er ein.
Ines wirft sich keuchend auf die andere Bettseite. Irgendwann beruhigt sich ihr Atem. Sie raucht noch eine und dämmert schließlich weg. Kurz vor fünf Uhr wacht sie wieder auf, macht sich im Bad frisch, mustert sich dabei kritisch im Spiegel und findet, dass sie in dem grünlichen Neonlicht wie eine verorgelte, in die Jahre gekommene Schlampe aussieht. Sie verlässt das Bad. Zu Glück pennt der Kerl immer noch. Routiniert tastet sie sein Jackett ab. In einer Tasche entdeckt sie ein Röhrchen mit weißem Pulver, sie lässt es zurückgleiten und greift seine Hose, darin steckt das Portemonnaie. Sie nimmt gerade alle Geldscheine heraus, als der Kerl aufwacht.
„Hey!“ Überraschend schnell ist er aus dem Bett und packt ihr Handgelenk.
Sie knallt ihm die Faust ins Gesicht. Seine Lippe platzt. Er lässt sie los, kippt mit dem Hintern zurück aufs Bett und hält sich den Mund.
„Was soll das? Du Drecksnutte.“
Ines fasst ihn bei den Haaren, reißt seinen Kopf nach hinten. Ihre Gesichter sind nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Sein säuerlich fauliger Atem riecht abstoßend.
„Taxigeld, Schatz, ich wollte dich nicht aufwecken.“
„Bist du wirklich eine Professionelle?“
Sie grinst ihn böse an: „Klar bin ich professionell und wie. Aber anders als du denkst“, und hält ihm ihre Polizeimarke hin.
Kriminal … und ein Landeswappen kann der Kerl noch sehen, bevor sie die Marke wieder wegsteckt.
Er sagt hektisch: „Was soll das? I-ich habe nichts gemacht. Im Gegenteil, ich hab dich freigehalten, dir einen Orgasmus besorgt und zum Dank –“
„Danke für den geilen Abgang, großer Ficker.“ Sie holt das kleine Röhrchen mit dem weißen Pulver aus seiner Jacketttasche und sagt: „Zur Belohnung darfst du auch ’ne Nase nehmen.“
Der Kerl tut, als würde er das Röhrchen nicht sehen, betastet stattdessen vorsichtig seine Lippe, betrachtet anschließend seufzend das Blut an seinem Finger und murmelt: „Ich blute.“
„Fein beobachtet. Noch irgendwelche Beschwerden?“
Er verneint. Sie lässt seine Haare los und geht zur Zimmertür. Das Röhrchen stellt sie auf dem Wandboard ab.
Später hockt Ines bei den Anonymen Spielsüchtigen und ist soeben im Begriff, die anderen mit ihrer never ending scheiß Lebensstory zu langweilen, als ihr Handy vibriert. Gödecke, ihr arschiger Boss ist dran.
„Hör zu, die Ermittlungen gegen Leermann sind eingestellt. Die Staatsanwaltschaft hat die Sachlage geprüft und abgewunken. Die fünfte Etage bewilligt die Kosten nicht, weil wir ihnen nicht das Ergebnis sagen können.“
„Und ich dachte, wir ermitteln, um herauszufinden, ob unser erhärteter Verdacht sich bewahrheitet.“
„Du weißt, wie das läuft. Muss ich dir’s wirklich noch einmal erklären?“
Ines weiß, wie es läuft. Ohne klare Ergebniserwartung, werden keine Kosten bewilligt.
„Warum bist du eigentlich noch nicht im Büro?“
„Du hast mich aus meinem wöchentlichen Meeting geholt.“
„Gut, dass du dich an unsere Vereinbarung hältst.“
„Habe ich dir das nicht versprochen? Noch was Dringendes, Norbert? Ich meine, ich muss nämlich wieder rein, meine Lebensgeschichte kennen noch nicht alle.“
„Hahaha. Dann lass dich nicht aufhalten. Wir sehen uns später.“
„Aber klaro.“ Doch Ines kehrt nicht in ihr Meeting zurück, sondern steigt in ihren Wagen und fährt zu einer Spielothek, wo sie sich die Scheine des Kerls in Münzen wechseln lässt, um damit drei Automaten gleichzeitig zu füttern.
„Der Kaffee geht aufs Haus“, sagt die Dicke mit dem grell geschminkten Gesicht hinter der Theke eine Stunde darauf.
„Hol mir lieber einen großen Crema von gegenüber, Biggi“, erwidert Ines, „ich hab hier ’n Lauf.“