GLÜCKLICHMACHER – 6

Heiratsschwindler Beau Scholtes’ Therapie wird der ersten harten Probe unterzogen als er bei einer Sitzung seine Therapeutin überrascht . . .

INNEN. GESPRÄCHSRAUM THERAPEUTIN – TAG

Beau sieht aus wie am Vortag, allerdings ohne Pflaster am Kopf. Die Wunde ist kaum noch zu erkennen. Neben seinen Füßen steht eine mittelgroße Papiereinkaufstüte.

Miriam-Luise trägt einen klassisch schmalen Rock und elegante hohe Hacken. Die Haare glatt und offen, sieht sie wie eine erfolgreiche, begehrenswerte Doktorin der Psychologie aus.

Ihr verändertes Äußeres scheint Beau nicht zu überraschen, weder lässt er sich etwas anmerken, noch kommentiert er es.

Miriam-Luise hat das sehr wohl registriert. Sie fragt aber nicht danach. Denn das will er ja nur. Sie durchschaut sein Spiel.

Stille. Beide sitzen einander gegenüber und blicken sich freundlich an. Wer zuerst zuckt, der verliert …

MIRIAM-LUISE: Erzählen Sie mir von ihrer Kindheit.

Sofort verändert sich Beaus Gesichtsausdruck, er wirkt distanziert und verschlossen.

MIRIAM-LUISE: Wie war das damals?

BEAU: Wie schon, wie bei anderen Kindern auch.

MIRIAM-LUISE: Und was meinen Sie damit?

BEAU: Na, wie Kind sein eben ist.

Miriam-Luise blickt fragend. Beau antwortet nicht. Beide schweigen erneut, bis die Stille schließlich unangenehm wird.

BEAU (klingt schwer nach seiner Mutter): Laut. (Pause) Anstrengend. (Pause) Bis endlich Ruhe war.

MIRIAM-LUISE: Wann war Ruhe?

BEAU: Als er abgehauen ist.

MIRIAM-LUISE: Sie reden von Ihrem Vater?

Beau antwortet wieder nicht. Stattdessen beugt er sich vor, greift die Papiertüte und setzt sie auf seine Knie ab.

BEAU: Frau Winter, ich möchte Sie um Entschuldigung bitten. (Pause) Ich habe mich gestern ungebührlich Verhalten …

SHOT: Vorn Beau holt aus der Papiertüte einen Gegenstand hervor, den wir nicht klar erkennen können. Im Hintergrund versucht Miriam-Luise, ihre Überraschung zu kontrollieren.

Jetzt erkennen wir, es ist die exklusive Handtasche, die bei der 1. Sitzung kurz auf Miriam-Luises Handy zu sehen war.

BEAU (lächelnd): Das ist doch die Handtasche, die Ihnen so gefällt?

Er steht auf und präsentiert ihr die Handtasche. Miriam-Luise nimmt sie zu ihrer eigenen Überraschung mit beiden Händen entgegen.

Herzensbrecher wissen, was Frauen wünschen

MIRIAM-LUISE (betrachtet Handtasche): Sie wissen genau, dass sie mir gefällt. Sehr sogar.

BEAU: Dann nehmen Sie meine kleine Wiedergutmachung bitte an.

Miriam-Luise ist erneut überrumpelt – und berührt.

MIRIAM-LUISE: Die kostet ein Vermögen.

BEAU: Es bereitet mir eine Freude, Ihnen eine Freude zu machen.

MIRIAM-LUISE: Sie sind mittellos.

BEAU: Zögern Sie wegen Ihrem Vaters? Der hat Ihnen bestimmt keine Geschenke gemacht. Gottgleich unerreichbar in weiter Ferne, der große Wissenschaftler.

Beaus Wissen über ihren Vater erschrickt Miriam-Luise.

MIRIAM-LUISE: Ich kann das nicht annehmen.

BEAU: Doch, das können Sie, Miriam-Luise.

MIRIAM-LUISE: Nein.

Miriam-Luise wirft Beau die Handtasche zu. Er fängt sie auf.

BEAU: Der Corlier-Shop war so freundlich, mir die Tasche für Sie zu überlassen. Zur „Anprobe“. Sie können es sich jederzeit überlegen.

MIRIAM-LUISE: Ich werde jetzt überlegen, Herr Scholtes, ob es überhaupt noch Sinn macht, Ihre Therapie fortzuführen.

Angespannte Stille. Beau steht auf, packt die Handtasche zurück in die Papiertüte.

BEAU: Das täte mir wirklich sehr leid. Die Sitzungen mit Ihnen sind ein Segen. Niemand versteht mich so wie Sie.

MIRIAM-LUISE (sanfter aber entschieden): Bringen Sie die Tasche zurück.

Er signalisiert Zustimmung, geht mit der Papiertüte zur Tür.

BEAU (dreht sich kurz um): Heute sehen Sie wie eine erfolgreiche Doktorin der Psychologie aus, Frau Winter.

Miriam-Luise blickt ihn ungerührt an.

OFF: Beau verlässt den Raum, die Tür schließt sich hinter ihm.

Wir bleiben bei ihr. Sie wirkt völlig konsterniert …

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