Hierzulande erleben wir heftiges Infighting der bourgeoisen Parteien um die schwindende Wählergunst. Da die lächerlichen Politikvollstrecker in Bund und Ländern sich in den essenziellen Dingen (Wirtschaft, NATO usw.) nicht voneinander unterscheiden, werden Verfassungsschutz und Systemmedien bemüht, um den Gegnern von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat den Garaus zu machen. Hierbei ignorieren die politisch Verantwortlichen in den Parlamenten geflissentlich, dass sie die Lage herbeigeführt haben, die diese Gegner nun populistisch gegen sie verwenden.
Das Kernproblem, die kapitalistische bourgeoise Gesellschaftsordnung, die der Eigentümerklasse und ihren Eliten dient – was jeder sehen kann, der unvoreingenommen unsere politische und wirtschaftliche Realität betrachtet –, adressiert keine einzige der ums Stimmvieh buhlenden Parteien. Die sklerotische Bundesrepublik ist offenbar nicht in der Lage, sich politisch zu erneuern.
Die Rechtsaußenfaschos beschwören sogenannte identitäre (Neusprech für völkische) Ideale, die immer verlogener Scheiß waren und einzig dazu dienen, unschuldige Sündenböcke zu schlachten, denn die wahren Ursachen findet das rechte Pack ja prima. Und die anderen korrupten Parteien führen uns vor, dass in Wahrheit nicht sie, sondern unsere ach so tollen amerikanischen Freunde und ihre Konzerne – deren willige Erfüllungsgehilfen sie natürlich sind – über Krieg, Frieden und Inflation in dieser Bücklingsrepublik bestimmen.
So macht Demokratie dem Populus richtig Spaß.
Gegen dieses jämmerliche Elend hilft nur ein tröstliches Gespräch mit einer wahren Kämpferin für die Menschheit: Rosa Luxemburg, von niederträchtigen nationalistischen, konservativen Dreckschweinen zusammen mit Karl Liebknecht am 15. Januar 1919 ermordet.
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Während rund um das Regenloch, in dem Max Säger inzwischen auf einem Hausboot wohnt, die Erde brennt, hätte es unseren Tresenphilosophen in einer der nassen Nächte beinahe das Ouija-Brett weggeschwemmt. Zu unser aller Glück konnte er es rechtzeitig aus den Fluten retten, um noch pünktlich zu seinem Vollmond-Date zu erscheinen …
Ich muss Ihnen ja gestehen, liebe Frau Luxemburg, Sie erleben mich als nervösen Fanboy …
Ich möchte die Menschen wie ein Donnerschlag treffen, sie mit der Weite meiner Vision, der Stärke meiner Überzeugung und der Kraft meines Ausdrucks entflammen.
Das … äh … das haben Sie geschafft und wie. Und da spreche ich nicht alleine für mich.
Reden ist unser Privileg. Wenn wir ein Problem haben, das wir nicht durch Reden lösen können, dann hat alles keinen Sinn.
Ja, genau, äh, also Ihr altes Motto … na wie heißt es denn noch …
Sozialismus oder Barbarei?
Das meine ich nicht, obwohl es heute ebenfalls mehr denn je gültig ist. Ich meine vielmehr Ihr Motto von der Freiheit …
Freiheit ist immer nur die Freiheit der anders Denkenden?
Ja, genau das … Nun dieses Motto ist gerade heute in unserer Zeit, in dieser Zeit der verlogenen und instrumentalisierten politischen Korrektheit gültiger denn je. Ich denke hier besonders an das Schicksal von Julian Assange, dem wichtigsten Journalisten des 21. Jahrhunderts.
Was sich uns als bürgerliche Legalität präsentiert, ist nichts anderes als die Gewalt der herrschenden Klasse, eine von vornherein zur verbindlichen Norm erhobene Gewalt.
Die Mehrheit der Bevölkerung hat sich offenbar mit dem herrschenden System hierzulande arrangiert und akzeptiert die schleichende Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen, vielleicht weil im Gegenzug die Unterhaltungs- sowie die Pharmaindustrie immer mehr Eskapismusmöglichkeiten bieten.
Wer sich nicht bewegt, bemerkt seine Ketten nicht.
Das ist leider war. Da erweist sich der geistige und körperliche Lockdown als sehr kontraproduktiv. Haha. Nun ja.
Unpolitisch sein heißt politisch sein, ohne es zu merken. Ich möchte das Gewissen der Wohlhabenden mit all dem Leid und all den verborgenen, bitteren Tränen belasten.
Viel Erfolg dabei. Die Reichen haben schon lange nichts mehr mit dem Los normaler Menschen gemein. Sie leben in ihrer eigenen virtuellen Wirklichkeit, die alle Armen als dumme faule Subjekte betrachtet, die an ihrer Misere selber schuld sind. Entschuldigen Sie meinen Zynismus. Er ist nur Ausdruck meiner Hilflosigkeit. Warum sind Sie eine Internationalistin, die Nationalismus ablehnt?
Ich habe keine besondere Ecke in meinem Herzen für das Ghetto: Ich bin in der ganzen Welt zu Hause, wo es Wolken und Vögel und menschliche Tränen gibt.
Was bedeutet Ihnen internationale Solidarität?
Ich fühle mich den elenden Opfern der Kautschukplantagen in Putamayo ebenso nahe wie den Schwarzen in Afrika, mit deren Körpern die Europäer Ball spielen … Man kann die Menschen nur richtig verstehen, wenn man sie liebt.
Das hundertjährige Jubiläum der Oktoberrevolution liegt nun auch wieder vier Jahre hinter uns …
Wir haben es hier mit dem allerersten Experiment einer proletarischen Diktatur in der Weltgeschichte zu tun (und das unter den denkbar schwierigsten Bedingungen, inmitten des weltweiten Feuers und Chaos des imperialistischen Massenmordes, gefangen in den Fängen der reaktionärsten Militärmacht in Europa und begleitet vom völligen Versagen der internationalen Arbeiterklasse), es wäre eine verrückte Idee zu glauben, dass alles, was in einem Experiment mit der Diktatur des Proletariats unter solch abnormalen Bedingungen getan oder unterlassen wurde, den Gipfel der Vollkommenheit darstellt.
Was ist Ihre Meinung zu dem Kurs, den Lenin einschlug?
Der von Lenin geforderte Ultrazentralismus ist durchdrungen von dem sterilen Geist des Aufsehers. Es ist kein positiver und kreativer Geist. Lenin geht es nicht so sehr darum, die Tätigkeit der Partei fruchtbarer zu machen, als vielmehr darum, die Partei zu kontrollieren, die Bewegung einzuschränken, statt sie zu entwickeln, sie zu binden, statt sie zu vereinigen. Kein Sozialismus ohne Demokratie, keine Demokratie ohne Sozialismus. Was heute nur ein Phantom ist, das in Lenins Phantasie spukt, kann morgen Wirklichkeit werden.
Sie haben im Grunde die Diktatur Stalins vorhergesehen. Reden wir wieder über Deutschland. Der Begriff ,Reform‘ ist hierzulande durch dessen Umdeutung und damit verbundenem Missbrauch seitens der ,bürgerlichen‘ Parteien zu dem verkommen, was Sie ebenso vorhergesagt haben.
Diejenigen, die sich für die Methode der Gesetzesreform anstellen und im Gegensatz zur Eroberung der politischen Macht und der sozialen Revolution aussprechen, wählen in Wirklichkeit nicht einen ruhigeren, gelasseneren und langsameren Weg zum gleichen Ziel –
In dem Zusammenhang fallen mir besonders Schröders Gelalle von ,der ruhigen Hand‘ und natürlich Merkels Abwarten, Aussitzen und ihr ständiges ,Fehler im Nachhinein einräumen‘ ein, was sie ach so menschlich macht. Und diese dumme Floskel vom ,Nachbessern‘ bei Gesetzen. Das soll Flexibilität und ,auf die Menschen im Lande hören‘ signalisieren, ist aber lediglich Flickschusterei, weil wieder mal irgendein Lobbyist vergessen wurde. Es offenbart die totale Entfremdung von Regierung und Parlament von der Wirklichkeit. Entschuldigen Sie bitte, ich wollte Sie nicht unterbrechen.
Danke. Die Reformisten wählen in Wirklichkeit nicht einen ruhigeren, gelasseneren und langsameren Weg zum gleichen Ziel, sondern ein anderes Ziel. Anstatt für die Errichtung einer neuen Gesellschaft einzutreten, treten sie für eine oberflächliche Veränderung der alten Gesellschaft ein.
Alles muss sich wandeln, damit sich nichts verändert. Die Botschaft der sogenannten ,linken‘ Parteien im bürgerlichen Lager lautet natürlich nur…
Unser Programm ist nicht die Verwirklichung des Sozialismus, sondern die Reform des Kapitalismus, nicht die Abschaffung des Systems der Lohnarbeit, sondern die Verringerung der Ausbeutung, d.h. die Abschaffung der Missbräuche des Kapitalismus statt der Abschaffung des Kapitalismus selbst.
Womit diese Parteien sich dem herrschenden Wirtschaftssystem unterwerfen und ihre Kapitulation als Akt der Vernunft anpreisen. Aber Sie haben ihnen die Maske heruntergerissen.
Das innerste Wesen, der Kern, der ganze Sinn und Inhalt der Politik der imperialistischen kapitalistischen Länder ist das ständige und unaufhörliche Zerreißen aller Länder und Völker, damit sie nach und nach vom Kapitalismus verschlungen und verdaut werden können.
Was inzwischen weltweit eingetreten ist. Im großen Spiel der Zerstörung unserer Biospähre drängeln sich wie es scheint alle um die ersten Plätze, entgegen den vollmundigen Bekenntnissen der politisch Verantwortlichen zur ,Bewahrung der Schöpfung‘. N.B. diesen hirnrissigen Kohl-Ausspruch hat doch glatt eine Unionskandidatin in einem Brief geschrieben, mit dem sie sich beim Stimmvieh in ihrem Wahlkreis andient. Sie, liebe Frau Luxemburg, haben aus Ihrer Erkenntnis jedenfalls gnadenlos das abgeleitet, was heute niemand mehr auszusprechen wagt.
Daraus muss die Arbeiterklasse die Schlussfolgerung ziehen, dass der Imperialismus, der Krieg, die Ausplünderung der Länder, das Feilschen um die Völker, der Rechtsbruch und die Politik der Gewalt nur bekämpft werden können, indem man den Kapitalismus bekämpft, indem man die soziale Revolution gegen den globalen Völkermord führt.
Durch die Handlungen der USA und ihrer NATO-Vasallen gegenüber dem globalen Süden, ihre angeblich für Frieden, Freiheit und Demokratie geführten Kriege, die immer in einer Katastrophe für die Mehrheit der betroffenen Bevölkerungen münden und zudem – wie die nunmehr in Afghanistan zum wiederholten Male offenbarte völlige Inkompetenz der Militärs und der Geheimdienste unterstreichen – nicht gewonnen werden können, beweist sich, was Sie seinerzeit mit Ihren Worten so beschrieben …
Geschändet, entehrt, im Blute watend, von Schmutz triefend, so steht die bürgerliche Gesellschaft da (so ist sie und nicht, wenn sie geleckt und sittsam Kultur, Philosophie und Ethik, Ordnung, Frieden und Rechtsstaat mimt), als reißende Bestie, als Hexensabbat der Anarchie, als Pesthauch für Kultur und Menschheit, so zeigt sie sich in ihrer wahren, nackten Gestalt.
Wie kann ich persönlich der Revolution helfen?
Zu sagen, was ist, bleibt die revolutionärste Tat. Und gut sein ist die Hauptsache! Einfach und schlicht gut sein, das löst und bindet alles und ist besser als Klugheit und Rechthaberei. Du wirst nicht danach beurteilt, was du sagst, sondern was du tust.
Wie haben Sie Ihre schwersten Stunden in der Haft bewältigt?
In der Dunkelheit lächle ich dem Leben zu, als ob ich einen Zauber besäße, der mich befähigen würde, alles Böse und Tragische in Heiterkeit und Glück zu verwandeln.
Das haben Sie sehr schön gesagt.
Aber wenn ich in meinem Geist nach dem Grund für diese Freude suche, finde ich keinen Grund und kann nur über mich selbst lachen.
Die Erkenntnis, dass unsere Welt absurd ist, hat mich auch schon durch manch dunkle Nacht gebracht … Haben Sie vielleicht noch einen letzten Tipp, wie ich mit meiner Hilflosigkeit und Frustration aufgrund der scheinbar unabwendbaren ökologischen und gesellschaftlichen Katastrophe besser umgehen kann?
So ist eben das Leben seit jeher, alles gehört dazu: Leid und Trennung und Sehnsucht. Man muß es immer mit allem nehmen und alles schön und gut finden. Ich tue es wenigstens so. Nicht durch ausgeklügelte Weisheit, sondern einfach so aus meiner Natur. Ich fühle instinktiv, daß das die einzig richtige Art ist, das Leben zu nehmen, und fühle mich deshalb wirklich glücklich in jeder Lage. An den schönsten Dingen des Lebens geht man meist achtlos vorbei.
Ich … ich danke Ihnen vielmals für dieses Gespräch, geliebte Rosa, äh verehrte Frau Luxemburg, für mich waren und sind Sie eine der tapfersten Frauen der Welt. Ihr Gerechtigkeitssinn und Ihr Mut sind für uns alle beispielhaft, insbesonders heute …
Vergessen Sie nicht, Marxismus ist eine revolutionäre Weltanschauung, die stets nach neuen Erkenntnissen ringen muss, die nichts so verabscheut wie das Erstarren in einmal gültigen Formen, die am besten im geistigen Waffengeklirr der Selbstkritik und im geschichtlichen Blitz und Donner ihre lebendige Kraft bewahrt.
Wenn Sie so reden, läuft es mir kalt den Rücken runter …
Die Revolution ist großartig, alles andere ist Quark!