Contre zu dem neuen Vertrieb und den Neuauflagen . . .
Warum der neue Vertrieb?
Die Leser wollen ihre Bücher bei den Händlern ihrer Wahl kaufen können. Ich bin oft gefragt worden, ob man die Romane auch im regulären Buchhandel bekommen kann, was ich immer mit „zur Zeit noch nicht“ beantworten musste, da Amazon nur exklusiv über seine Plattform vertreibt. Dem Leserwunsch wird nun mit dem neuen Vertrieb epubli entsprochen. Meine Taschenbücher sind damit im gesamten deutschen Buchhandel (stationär wie Versand) erhältlich und die E-Books auf allen bekannten nationalen und internationalen Plattformen. Dazu gehört auch Amazon.
Wieso wurden deine Bücher zum Wechsel neu gestaltet?
Ich hatte mich für INS RÄUDIGE HERZ DER BESTIE entschlossen, den Vertrieb zu wechseln. Für das Cover wollte ich viel stärker als bisher einen offensiven Bezug zum Inhalt schaffen. Das Motiv bestimmte letztendlich die Veränderung der Hintergrundfarbe von weiß zu schwarz und dann kam schnell die Idee, die vier reinen Noir-Thriller (Desperado ist ein Abenteuerroman) nach den gleichen gestalterischen Kriterien als DUNKELLAND-QUARTETT neu aufzulegen.
Jedes Cover spiegelt also die Story?
Den Kern einer jeden Geschichte. Ja.
Im Zuge des Wechsels hast du die Bücher auch komplett durchgesehen?
Beim Lektorat geht einem immer etwas durch. Die Texte wurden deshalb noch einmal kritisch durchgesehen und dabei hoffentlich alle Fehler korrigiert.
Warum bezeichnest du die vier Romane als Dunkelland-Quartett?
Als ich mit dem Romanschreiben anfing, schwebte mir eine Reihe von Noir-Titeln vor, deren Arbeitstitel Dunkelland hieß. FANAL, KÖNIG DER KADAVER, AUSVERKAUF und INS RÄUDIGE HERZ DER BESTIE sind eigenständige Stoffe, die aber alle thematisch eine kritische Sicht auf diese Republik verbindet. Darum habe ich den Titel wieder aufgegriffen. Das Wort stand und steht im ersten Kapitel von FANAL: Willkommen in Dunkelland.
Was verstehst du unter kritischer Sicht?
Jim Thompsons altes Diktum, das auch von Guy Debord stammen könnte: Nichts ist so, wie es scheint. Auf Dunkelland bezogen heißt das: Die Realität ist beleibe nicht so, wie uns die Medien, ob Zeitung, Rundfunk, Fernsehen und seit über 20 Jahren nunmehr das Internet tagtäglich vorgaukeln. (Interessierten empfehle ich Die Gesellschaft des Spektakels von Guy Debord.) Das gilt insbesondere für die Blödmaschine Entertainment. Gerade die ideologische Banalität der Unterhaltung hierzulande ist extrem politisch, obwohl sie vorgibt, es nicht zu sein. In unserer Medienlandschaft herrscht eine erschreckende geistige Gleichförmigkeit. Wenn man sich jedoch ein bisschen mit den wirklich wichtigen Themen dieser Gesellschaftsordnung auseinandersetzt, wie dem systemischen Feindbild Terrorismus in FANAL oder die für den Kapitalismus repräsentative Fleischindustrie in KÖNIG DER KADAVER oder einfach mit dem feuchten Traum unserer zutiefst materialistischen Gesellschaft, nämlich so viel Geld zu besitzen, dass einen alle am Arsch lecken können wie in AUSVERKAUF, dann –
Zwischenfrage: Was ist das Thema von INS RÄUDIGE HERZ DER BESTIE?
Der investigative Journalismus hierzulande und die Verwicklungen von Staaten und Konzernen bei der üblen Ausbeutung der essenziellen Rohstoffe für den neuen elektrifizierten Mobilitätsboom.
Okay. Aber ich hatte deinen Gedanken unterbrochen …
Nun, wenn man sich mit solchen Themen beschäftigt, dann merkt man schnell, wie naiv, lückenhaft und falsch die offizielle Version der Ereignisse in der Regel ist. Was wiederum mit der Weltanschauung der Medien, die den Interessen unserer sogenannten Eliten dienen, deren Teil sie sind oder sein möchten, erklärbar ist. Ein Beispiel: Die Fleischwirtschaft in KÖNIG DER KADAVER. Wer sich die Mühe macht, im Internet ein paar Stunden zu recherchieren, wird so viel erschreckend Kriminelles über diese Industrie finden, dass sich die Frage aufdrängt, warum alle politischen Bekundungen und lautstarken Drohungen, die fürchterlichen Missstände zu beseitigen, folgenlos bleiben.
Es ändert sich absolut nichts?
Nein. Ganz im Gegenteil, das Geschäftsmodell floriert. Folglich muss ich unterstellen, dass es so gewollt ist, zumindest aber kein wahres Interesse besteht, gesetzlich einzugreifen. Derartige Widersprüche und die Gründe dafür versuche ich in dem Roman deutlich zu machen. Das gilt ebenso für die Themen der anderen Romane.
Die Realität ist der Nährboden deiner Stoffe?
Das ist sie für jede gute Noir-Story. Nur ist ein Roman kein politisches Traktat, sondern immer zuerst Unterhaltung. Alles Thematische muss sich organisch einfügen und essenziel für die Handlung sein.
Warum gehört Desperado nicht zum Dunkelland-Quartett?
Desperado ist für mich wie schon gesagt ein Abenteuerroman. Für den Protagonisten Roland Burget (der Nachname reimt sich auf Dragee) habe ich noch weitere Geschichten in petto. Mal sehen, wann er sich in ein neues Abenteuer stürzt. Der große Unterschied zwischen Burget und den Protagonisten des Dunkelland-Quartetts, sofern sie am Ende der Geschichten noch leben, wird jedem Leser schnell deutlich: Burget ist bei all seinen Defiziten ein positiver Charakter.
Worauf kam es dir beim DUNKELLAND-QUARTETT noch an?
Ich habe die vier Romane in schneller Folge geschrieben, selbst wenn ihre Ursprünge zum Teil mehrere Jahre zurückliegen und dabei in jedem Buch versucht, die unterschiedlichen Aspekte des Noir, die mich besonders anfixen, auf die Spitze zu treiben und komplett auszuerzählen. Eine Geschichte ist erst dann zu Ende erzählt, wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung genommen hat.
Und am Ende stapeln sich die Leichen?
Manchmal schon. Aber nicht zwangsläufig. Jeder Roman ist anders. Wie sagte David Milch: Verstecke dich nicht hinter den beruhigenden Konvention eines Genres.