Richard „Tricky-Dick“ Nixon war das Feindbild von Hunter S. Thompson. Zurecht. Nixon verkörperte alles, was Thompson an den USA als niederträchtig, ekelerregend, grausam und falsch empfand. (Die Aufzählung seiner negativen Adjektive ist um einiges länger.)
Der Gonzo-Journalist oblag leider einem Irrglauben, nämlich dass es irgendetwas Gutes und Anständiges in der US-Politik gäbe. Seine naive Sehnsucht nach einer Heldenfigur, die alles richten würde, fand ihre Verkörperung zunächst in John F. Kennedy und zehn Jahre später in George McGovern. Präsident JFK, der Nixon 1960 nur knapp bezwang, wurde nach gerade mal 1000 Tagen aus dem Amt geschossen und dermaßen zum Mythos verklärt, dass man tatsächlich meinen könnte, Amerikas Sündenfall habe erst mit seiner Ermordung begonnen.
Der Kandidat McGovern verlor 1972 haushoch gegen Nixon. Und das nur vier Monate nach dem Einbruch der Plumber (Klempner) von CREP (sprich CREEP, Committee to Re-elect the President) ins Hauptquartier des DNC, dem nationalen Parteibüro der Demokraten im Watergate-Gebäudekomplex. Ein unerhörter Skandal, der zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht direkt mit Nixon in Verbindung gebracht wurde. Tricky-Dicks zweite Amtszeit endet erst am 08. August 1974 mit dem Rücktritt, als ihm niemand mehr den Satz „I am not a crook“ abkaufte und ein Amtsenthebungsverfahren samt Anklage drohte. Er hatte sich in Lügen verstrickt und mit den Inhalten seiner geheimen Tonaufnahmen im Weißen Haus, von denen die meisten übrigens geheim blieben, völlig dekuvriert und diskreditiert.
Watergate sowie die CIA-Anhörungen des Church-Komitees 1975 entlarvten die Mechanismen der scheinbar so strahlenden, selbstherrrlichen USA, und das in aller Öffentlichkeit live im Fernsehen.
Wer sich in der Geschichte des „neuen Roms“ auskannte, wusste schon damals, dass die Zustände in den 1970-ziger Jahren sich prinzipiell nicht von denen unterschieden, die Dashiell Hammett in seinem Roman „Red Harvest“ beschrieb, der um 1920 in einer Minenstadt mit dem treffenden Namen Poisonville spielt. Ihre Anfänge gehen natürlich noch viel weiter bis in die Gründungsjahre der Republik zurück.
So betrachtete Hunter S. Thompson seinen Intimfeind später auch als vergleichsweise harmlosen Vorläufer der Oberschurken Reagan, Bush 1 und 2 und deren schwerkriminelle Administrationen. (Warum er den ebenso üblen Clinton und dessen Kamarilla nachsichtiger behandelte, ist mir ein Rätsel.)
1974 allerdings war Tricky-Dick die Verkörperung allen Übels. Eine Rolle, für die ihn sein Vize-Präsident und Nachfolger Gerald Ford prompt begnadigte, dadurch eine Anklage zunichte machte und ihm obendrein die Altersbezüge sicherte.
Interessierte finden über Watergate sowie dem Church-Komitee alles Wissenswerte online. Besonders die Anhörungsprotokolle mit der detaillierten Auflistung der Verbrechen sind zu empfehlen. Daher sei hier nur beispielhaft eine Aussage eines Beraters von Nixon zum „War on Drugs“ zitiert, der bis heute tobt. Sie bestätigt Hunter S. Thompsons obige Charakterisierung voll und ganz.
Wer Parallelen zur Gegenwart erkennt, liegt übrigens goldrichtig:
„We knew we couldn’t make it illegal to be either against the war or black, but by getting the public to associate the hippies with marijuana and black with heroin. And then criminalizing both heavily, we could disrupt those communities. We could arrest their leaders, raid their homes, break up their meetings, and vilify them night after night on the evening news. Did we know we were lying about the drugs? Of course we did.“
Deutsch:
„Wir wussten, dass wir nicht verbieten konnten, entweder gegen den Krieg oder schwarz zu sein, aber indem wir die Öffentlichkeit dazu brachten, die Hippies mit Marihuana und die Schwarzen mit Heroin in Verbindung zu bringen und wir beides stark kriminalisierten, konnten wir diese Gemeinschaften zerschlagen. Wir konnten ihre Anführer verhaften, ihre Häuser durchsuchen, ihre Treffen auflösen und sie Abend für Abend in den Nachrichten verunglimpfen. Ob wir wussten, dass wir bei den Drogen gelogen haben? Natürlich wussten wir das.“
Längst muss jedem klar sein, dass der „War on Drugs“ der US-Behörden ein Krieg für Drogen ist, denn die CIA finanziert mit Drogen seit ihrem Bestehen ihre schwarzen Kassen für verdeckte Aktionen (Covert Actions), Regimewechsel und systemgenehme mörderische Handlanger.
Schließen wir mit unserem Thekenphilosophen Max Säger, der nüchtern wie volltrunken jedem, ob er’s hören möchte oder nicht, versichert: „Das weltweit herrschende System ist die Wurzel allen Übels.“
Auf dass Ekel und Verachtung für alle Politikvollstrecker damals wie heute niemals versiegen!