Gestern beging die Bundesrepublik ihren Tag der Deutschen Einheit. Die führenden Repräsentanten schwangen die üblichen Reden zu solchen Staatsanlässen: Mischungen aus Lob und Beschwichtigung mit einer Prise Selbstkritik, es sei noch nicht alles erreicht, der ein oder anderen Warnung und einer Dreingabe Optimismus zum Schluss. Mit der Wirklichkeit hat das wenig zu tun …
Wie wenig nach 34 Jahren erreicht wurde, offenbart sich in den Krisen unserer Zeit. Bei den letzten drei Landtagswahlen überschlugen sich die Systemmedien mit Schreckensmeldungen von der geteilten Republik. Der Westen versteht nicht, warum der Osten so undankbar ist, jetzt, wo er in der schönen Waren- und Konsumwelt lebt, für die die Älteren in Leipzig, Berlin und anderswo einst demonstrierten.
Wir sind das Volk, diese Parole, initiiert von der Rechten in der ehemaligen DDR, wurde fälschlicherweise als Ruf nach Freiheit durch Selbstbestimmung gedeutet. Es war der Ruf nach Konsummöglichkeiten und Reisefreiheit. An die unbändige Freiheit des Kapitalismus, die unübersehbar mit Ungleichheit, Entfremdung, Vereinzelung und Verarmung der Schwächeren einhergeht, hatte damals kaum einer gedacht. Diejenigen, die daran dachten und davor warnten, gehörten der verhassten Vergangenheit des realexistierenden Sozialismus an. Sie wurden hinweggefegt vom Wind des Wandels.
Der Westen zeigte schnell sein wahres Gesicht. Viele der von vierzig Jahren Marktwirtschaft geschulten Wessies folgten der Empfehlung des vorbestraften FDP-Finanzverbrechers Otto Graf Lambsdorff und gingen East: kleine Geschäftemacher, große Geschäftemacher, kleine Gauner, große organisierte Verbrecher. Die Politik in Bonn tat alles, damit der Beutezeug gelang. Angefangen mit dem Einheitsvertrag, der Erbsünde der Wiedervereinigung. Entgegen der Absichtserklärung im Grundgesetz wurde keine gesamtdeutsche Verfassung ausgehandelt, sondern ein effizienter Anschluss vergleichbar mit der Eingliederung des Saarlands 1957.
(N.B. Dies zudem von Unterhändlern, die später beide wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten zu Rücktritten gezwungen waren. Der DDR-Unterhändler wurde sogar rechtskräftig zu einer Haftstrafe verurteilt.)
Aber die Sieger reichten den Verlierern auch eine brüderliche Hand. Ausdruck der offiziellen Solidarität war der auf jedes Einkommen erhobene Soli-Abschlag, eine Sondersteuer für den Aufbau Ost, damit das Filetieren der Beute, institutionalisiert durch die Treuhand, nicht so sehr auffiel.
Die nach wirtschaftlichen Kriterien und für wirtschaftliche Ziele betriebene Politik von Kohl und Co. zerlegte die gewachsenen sozialen Strukturen der DDR, ohne dass ein ädequater Ausgleich geschaffen wurde. Nicht zuletzt deshalb konnten sich die Rechtsaußenparteien, angefangen mit der NPD, im Osten einnisten. Sie nutzen gezielt die vielerorts eklatanten Lücken, boten Kitaersatz und Nachhilfe und Jugendbetreuung. Ein empfänglicher Nährboden für ihre ideologische Saat.
Eine üble Saat, die schnell aufgehen sollte.
Heute erinnert wenig an die zerfallenen, maroden Städte der DDR. Der Osten hat sich äußerlich sehr dem Westen angenähert. (Im Westen zerfällt nun die Infrastruktur, bieten viele Städte das marode Bild einer deindustrialisierten Gesellschaft. Ironie der Geschichte?) Viele der ehemaligen DDR-Bürger haben eine wirtschaftliche Verbesserung erfahren, sehr viele aber sind bis heute jedoch wirtschaftlich Bürger zweiter Klasse und fühlen sich vom Westen missachtet.
Als Ausdruck für die Entfremdung standen (und stehen?) die Begriffe vom Wessi und Ossi. Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört, wie Willi Brand es einst formulierte, war damals ein Ausdruck der Hoffnung und des Optimismus. Dass dieses Ziel nach nunmehr 34 Jahren noch immer nicht erreicht ist, ja dass die Geister einer mörderischen Vergangenheit heute mehr denn je in den Köpfen spuken und die Bevölkerung wieder in West und Ost teilen, hätte 1990 wohl niemand geglaubt.
Die bösen Geister der Vergangenheit in den Köpfen sind allerdings nicht selige DDR-Zeiten mit Erich Honnecker und Konsorten, sondern die aus einer Zeit davor: den zwölf Jahren Tausendjähriges Reich, die Deutschland in einen barbarischen Krieg geführt und zum Holocaustverbrecher gemacht hatten.
Die deutsche Teilung war die Folge der Teilung Europas durch die allierten Sieger des 2. Weltkriegs. Kaum schwiegen die Waffen, machten sich die USA, England und Frankreich daran, mit der Sowjetunion zu brechen und die Welt für 45 Jahre in zwei Hemisphären zu teilen: in eine westlich kapitalistische und eine östlich sozialistische. Nach Ende des Kalten Krieges, nach dem Fall der Mauer, dem Zerfall der Sowjetunion und des Ostblocks und der vollendeten deutschen Wiedervereinigung glaubten wir naiverweise, die nukleare Bedrohung und den Krieg in Europa für immer überwunden zu haben.
Aufmerksame Beobachter wussten bereits 1991, dem ist nicht so.
Die USA schworen ihren Way of Life, Euphemismus für ihre imperiale Herrschaft und globale Ausbeutung, nicht aufzugeben. Im Gegenteil, die einzig verbliebene Supermacht nutzte die Gunst der Stunde und ihre Militär- und Wirtschaftskraft, um ihre unilaterale Weltherrschaft massiv auszubauen. Full Spectrum Dominance bedeutet nichts anderes, als die Beherrschung des gesamten Planeten.
Wie bescheiden die auserwählte Nation, diese leuchtende Stadt hoch auf dem Hügel doch ist.
Die dankbare vereinte Bundesrepublik zauderte und zierte sich noch ein paar Jahre, ehe sie 1999 unter einem SPD-Kanzler mit der Bombardierung Jugoslawiens das letzte Tabu abwarf und sich seit dem immer mehr den US- und NATO-Einsätzen militärisch anschloss. (Was hierzulande als Verantwortung in der Welt übernehmen verkauft wurde und heute Sicherung unserer Handelswege heißt.) Diese niederträchtige politische Entscheidung ist ein dramatischer Beleg für die von Minderwertigkeitskomplexen und Großmannssucht heimgesuchten Politiker*Innen Deutschlands, endlich wieder wer zu sein. Diese Psychose hat sich seit 2022 zunehmend beschleunigt.
Der Krieg gegen den Terror 2001-2021, als Reaktion auf den Blowback der jahrzehntelangen US-amerikanischen Nahostpolitik, kann als ein Interegnum betrachtet werden, bis die Fronten für den neuen Kalten Krieg, der schneller heiß zu werden droht, als die NATO für ihn bereit ist, feststanden. Das tun sie jetzt.
Die NATO-Ostweiterung war und ist elementarer Bestandteil der über 30 Jahre alten Full-Spectrum-Dominance-Strategie, der Ukrainekrieg mit Russland ist ebenso deren elementarer Bestandteil wie der kommende Krieg mit China um Taiwan es sein wird. Das heißt ganz klar: Wenn wir uns nicht wehren, sind Krieg und Verderben unser deutsches Schicksal – angeordnet von den USA und eifrig unterstützt von den Mandatsträgern im Bundestag. Viel Zeit bleibt nicht mehr.
In fünf Jahren soll lt. Pentagon, NATO und einer willigen Bundesregierung die Kriegstüchtigkeit für den großen Clash of Cultures hergestellt sein, der nichts anderes ist, als der Versuch der USA, ihre Weltherrschaft, die ihnen immer mehr entgleitet, zu sichern. Diese tödliche Idiotie sollen wir widerstandslos hinnehmen?
Was hat all das mit den Geistern der Vergangenheit zu tun?
Sehr viel, Freunde, besonders im Fall des Nahen Ostens. Einem der explosivsten Pulverfässer für einen internationalen Krieg, bei dem die Ölproduktion der gesamten Region zum Angriffsziel werden können, was dem Zusammenbruch der Weltwirtschaft gleich käme, um nicht sofort hysterisch den 3. Weltkrieg mit atomarer Vernichtung allen Lebens hinaufzubeschwören. Der brutale Aggressor ist Israel.
Betrachten wir zunächst die Positionen der politischen Pole hierzulande:
Die Rechtsaußen berufen sich auf einen deutschen Patriotismus, der mehr mit Ideen der Nazis gemein hat, denn mit dem positiven Patriotismus von 1848, als der erste Versuch scheiterte, einen deutschen Nationalstaat zu gründen. Vaterland, deutsche Identität, deutsche Herkunft, deutsches Blut, deutsche Kultur, diese Begriffe betonen die Abgrenzung gegenüber anderen. Meistens sind es künstliche Abgrenzungen, die nur der Polarisierung, dem Schaffen eines Feindbildes dienen.
Die scheinbar aufgeklärten, toleranten Bürger, die pro Internationalität und Offenheit, die woke sind, um das neue Modewort zu benutzen, bilden den Gegenpol dazu. Diese Liberalen sind der Feind der Rechten. Sie sind zugleich aber auch Befürworter von Zensur und Überwachung und damit offen für eine neue Form des Totalitarismus, denn sie sind der festen Überzeugung, absolut im Recht zu sein.
Beide Gruppen unterstützen mehrheitlich den Apartheidsstaat Israel und seine mörderische Regierung.
Die Rechtsaußen aus fremdenfeindlichen Motiven und weil es politisch aus ihrer Sicht clever ist: Sind die Juden in Israel, dann sind wir sie los, und unsere gemeinsamen Feinde sind ohnehin die Muslime. Das ist Staatsräson motiviert aus Fremdenhass.
(N.B. Es entspricht übrigens dem Sales Pitch von Theodor Herzl in seinem Buch Der Judenstaat von 1896, worin er Israel als europäische Kolonie und Brückenkopf der Zivilisation im barbarischen Nahen Osten pries, um den antisemitischen europäischen Staatslenkern und Kolonialherren die Lösung der europäischen Judenfrage schmackhaft zu machen. Herzl und die Zionisten waren selbst Opfer der Pogrome gegen Juden, vor allem in Osteuropa. Wir erkennen, Europa war und ist das ursächliche Problem.)
Die Liberalen beziehen sich auf die deutschen Verbrechen des Holocaust und dem daraus angeblich erwachsenen Existenzrecht des Staates Israel. Dessen Recht auf Selbstverteidigung ist für sie nur eine logische Konsequenz. Wie Israel das Recht wahrnimmt, wird von ihnen entschuldigt, beschönigt und mit Treueschwüren verteidigt. Das ist Staatsräson motiviert aus Schuldgefühlen (wie ehrlich und wie tief die empfunden werden, ist eine ganz andere Sache).
Man kann also durchaus feststellen, beide Positionen sind ein Erbe des Nationalsozialismus. Ideologisch gegensätzlich, im Ergebnis jedoch gleich. Die Regierung in Israel (bedingungslos unterstützt von den USA) kann machen, was sie will, hierzulande regt sich kaum Protest in der deutschstämmigen Bevölkerung, vielmehr werden gebetsmühlenartig die gleichen unhaltbaren, verlogenen Phrasen wiederholt. Der Völkermord der Vergangenheit rechtfertigt einen Völkermord in der Gegenwart? Im Ernst? Das emphatisch betonte Nie Wieder! als Lehre aus dem Holocaust, das sich auf alle Minderheiten und Verfolgten dieser Welt beziehen muss, sonst ist es wertlos, gilt offensichtlich nur für Israel.
Dies ist die doppelte Feigheit unserer Mandatsträger und der Mehrheit der Bevölkerung, die diese menschenverachtende Politik hinnimmt. Beschämend ist dafür kein Ausdruck mehr. Und ich soll mich über die deutsche Einheit freuen, wenn die Repräsentanten dieser Republik tatsächlich behaupten, unser Staat sei eng an die Existenz des Staates Israel gekoppelt? Was heißt das im Klartext, wenn die Regierung in Israel und die Mehrheit der israelischen Bevölkerung sämtliche UN-Resolutionen zu Palästina und eine 2-Staatenlösung ablehnen und das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs ignorieren, welches die Besetzung der Palästinensergebiete seit 1967 als völkerrechtswidrig und illegal bezeichnet und Israel zum sofortigen Abzug aller Truppen und Siedler auffordert?
Ketzerisch formuliert, als die DDR noch existierte, der ich keine Träne nachweine, gab es eine, wenn auch klägliche antimperilistische deutsche Außenpolitik, die den Freiheitskampf unterdrückter Völker unterstützte. Sei es in Vietnam, El Salvador, Nicaragua, Südafrika, Namibia, Angola, Chile, Kuba, Palästina usw. Die Außenpolitik der BRD-West, als deren geistiges Erbe sich offiziell das wiedervereinte Deutschland versteht, hat die Freiheitskämpfer in den Ländern des Globalen Südens nie unterstützt. Im Gegenteil, so war die BRD-West bis fast zum Schluss ein maßgeblicher Handelspartner des Apartheidsstaates Südafrika. Womit deutlich wird, wofür unser Land ungeachtet vollmundiger moralischer Erklärungen und Bevormundung anderer Staaten in der Welt wirklich steht: für Ungerechtigkeit und Unterdrückung.
Darauf soll ich stolz sein?
Max Säger ruft von hinten: „Der Wahrheitsgehalt politischer Aussagen unserer Mandatsträger und ihrer Systemmedien entspricht dem von Graffitischmierereien auf dem Klo einer Berliner-Bahnhofsklappe.“
Wo Säger recht hat, hat er recht.
Nachstehend ein LINK zu einer aktuellen Al-Jazeera-Dokumentation über die Kriegsverbrechen in Gaza. Sie bestätigt all das, was in diesem Blog seit mehreren Jahren berichtet wurde … und macht unendlich wütend auf die widerlichen Kriegstreiber …