GLÜCKLICHMACHER – 3

Therapie begonnen, Wohnheimbude klar. Schon mal zwei Haken auf dem Weg in die Freiheit. Doch nun gilt es für Schwerenöter Beau Scholtes, die Chose durchzuziehen, damit sich die ihm vor Augen schwebende Freiheit nicht als Fata Morgana entpuppt. Das Katz- und Mausspielchen beginnt – ein echter Verführer kann halt nicht gegen seine Natur . . .

INNEN. GESPRÄCHSRAUM THERAPEUTIN – TAG

Miriam-Luise hat eine Variation der Vortagskleidung an: helle Bluse, helle Hose und flache Schuhe. Haare zum Pferdeschwanz.

MIRIAM-LUISE: Haben Sie Ihr Medikament genommen?

BEAU: Gestern Abend eine und heute früh, genau wie verschrieben.

MIRIAM-LUISE: Und wie geht es Ihnen jetzt?

Beau wirkt ruhiger und stabiler als in der letzten Sitzung. Er trägt die selben Sachen wie am Vortag, inklusive Pflaster auf der Stirn. Zur Antwort lächelt er schmal.

MIRIAM-LUISE: Besser also. Heute interessiert mich Ihre Situation aus anderer Perspektive, Herr Scholtes-

BEAU (unterbricht): Ach sagen Sie doch Beau zu mir.

MIRIAM-LUISE: Herr Scholtes.

BEAU: Beau, bitte …

Beide schauen sich an. Wer zuerst wegschaut, hat verloren. Miriam-Luise schaut schließlich auf ihr Notizbuch. Beau lässt sich seinen kleinen Punktsieg nicht anmerken.

MIRIAM-LUISE: Herr Beau, was glauben Sie, wie sich die Frauen gefühlt haben?

BEAU: Die Damen waren allein, Miriam-Luise.

MIRIAM-LUISE: Bitte sagen Sie Frau Winter zu mir.

BEAU (unbeirrt): Die Damen waren allein und unendlich froh, dass überhaupt jemand für sie da war, Miriam-Luise.

MIRIAM-LUISE: Frau Winter.

BEAU: Dass ich für sie da war.

Beau hält Miriam-Luises Blick. Sie schweigt. Er schweigt.

BEAU (schaut weg, dann): Was ist daran schlimm, wenn jemand vielleicht zum ersten Mal eine tief empfundene Liebe erlebt?

MIRIAM-LUISE: Sie haben Ihre Opfer ausgenutzt.

BEAU: Da muss ich Sie korrigieren, die Damen waren keine Opfer.

MIRIAM-LUISE: Sie haben sich große Summen Geld erschlichen, Herr Beau.

BEAU: Nein. Ich habe noch nie jemanden um Geld gebeten. (überlegt) Wenn sie mir Geld gaben, dann nur, weil es ihnen selbst eine echte Freude war.

Hat noch jeden frivolen Kerl auf Abstand gehalten

MIRIAM-LUISE: Ihre Opfer fühlten sich trotzdem genötigt, Ihnen viel Geld zu geben.

BEAU: Ich wurde zu Unrecht eingesperrt.

Freundlich-interessierter Blick von Miriam-Luise.

BEAU: Die Damen hatten keine finanzielle Sorgen. Sie haben mich unterstützt, weil sie sich wünschten, mir in einer schwierigen Lage zu helfen. So wie ich ihnen half.

Miriam-Luise notiert sich etwas und erwidert nichts.

BEAU: Ich habe einsame Damen wirklich glücklich gemacht.

MIRIAM-LUISE: Bis zum bösen Erwachen.

BEAU: Sie sind ungerecht. Wenn Ihr Freund, Sie leben doch in einer festen Beziehung? Wäre auch ungewöhnlich, nicht? Wenn also Ihr Freund aus Liebe Ihnen eine Freude macht, Ihr Lieblingsgericht kocht und Sie verwöhnt und Sie geben ihm Geld für die Einkäufe oder für andere Dinge oder einfach, damit er sich etwas gönnen kann, weil es Sie glücklich macht-

Er lässt das Ende des Satzes offen.

MIRIAM-LUISE: Was ist dann?

BEAU: Eben, was ist dann?

Miriam-Luise wirkt nachdenklich. Sie denkt an das Geld für die Miete, dass sie ihrem Freund letzte Nacht wieder einmal vorgestreckt hat.

BEAU (einfühlsam): Je länger ich darüber nachdenke, Frau Winter. Und bitte korrigieren Sie mich, wenn ich hier völlig falsch liegen sollte. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto weniger kann ich zwischen Ihnen und mir einen Unterschied erkennen. (Pause) Sie und ich, wir wollen helfen.

Miriam-Luise scheint überrumpelt.

BEAU: Erlauben Sie mir eine persönliche Bemerkung?

MIRIAM-LUISE (räuspert sich, dann): Bitte …

BEAU: Ich möchte Ihnen natürlich nicht zu nahe treten, aber diese unförmige Hose und die flachen Absätze, sind einer Frau Ihres Formates wirklich nicht würdig.

Miriam-Luise ist für einen Moment baff.

HIER ZUR VIER . . .

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