KAPITALISMUS – IMPERIALISMUS – RASSISMUS

Untrennbar miteinander verbunden: Das Triumvirat der Zerstörung. Hier ein kleiner historischer Überblick und die Entwicklung bis heute . . .

Ihren Anfang nahm diese unheilvolle Verbindung Anno Domini 1492 mit der Entdeckung der Neuen Welt für die europäischen Seefahrer-Nationen durch Christopher Columbus. (Auch wenn Karl Marx die englische Revolution 1642-1651 mit ihren neugeschaffenen bürgerlichen Rechten als wahren Beginn des Kapitalismus bezeichnete.)

In einem Tagebucheintrag charakterisierte der genuesischen Fahrensmann Columbus die künftigen Beziehungen zwischen Europäern und Ureinwohnern in den „Americas“: „Sie sind gut gebaut und ansehnlich, sie tauschen bereitwillig alles, was sie besitzen, sie haben keine echten Waffen. Sie geben gute Dienstboten ab, mit fünfzig Männern können wir alle unterwerfen und sie zwingen, zu tun, was wir verlangen.“

Eigennutz als Motor der Vernichtung

Der Reichtum des amerikanischen Kontinents war der Kickstarter für dessen systematische Ausbeutung, die mit einer ungeheurer Brutalität betrieben wurde. Um Sicherzugehen, dass die spanischen Konquistadoren in Mittel- und Südamerika mit der entsprechenden Verve ihre mörderische Drecksarbeit verrichteten, wurde ein monetäres Anreizsystem geschaffen: Die angeheuerten Soldaten und Abenteurer (zumeist verarmte Adelige) mussten für ihre Überfahrt, die Waffen und Verpflegung bezahlen. Weil den meisten die erforderlichen finanziellen Mittel fehlten, erhielten sie großzügige Kredite. Diese konnten die hochverschuldeten Glücksritter nur zurückzahlen, indem sie sich an Land und Leuten der Neuen Welt schadlos hielten. De facto eine Lizenz zum Rauben und Morden.

Sklaverei als Geschäftsmodell der industriellen Landwirtschaft

Die imperialen Seefahrer-Nationen Portugal, Spanien, Niederlande, Frankreich, Großbritannien reklamierten weltweit Kolonien (zunächst ging es um Gold, Silber, Gewürze, Seide u.ä.) und bekriegten sich aufs Äußerste. Weil die amerikanischen Ureinwohner entgegen Columbus‘ zuversichtlicher Einschätzung sich nicht zur Sklavenarbeit eigneten, sie waren entweder zu rebellisch und wurden niedergemacht, oder zu schwächlich und wurden von den eingeschleppten Krankheiten der Europäer dahingerafft, suchte man bald nach anderen Lösungen. Der Mönch Las Casas, der die unmenschliche Behandlung der Ureinwohner bei Hofe und beim Papst beklagte, empfahl tropisches Klima gewöhnte, kräftige Afrikaner zur Arbeit heranzuziehen. Die ersten afrikanischen Sklaven wurden schon im 16. Jahrhundert von den Portugiesen in die neuen Kolonien verschleppt. Bald darauf etablierte sich der Dreieckshandel, bei dem alle maritimen Imperialmächte mitmischten und der die ursprüngliche päpstliche Aufteilung der Neuen Welt zwischen den Portugiesen und den Spaniern sprengte: Arbeitssklaven aus Afrika wurden nach Amerika importiert, um in den Erzminen, vor allem aber auf den Plantagen (industrielle landwirtschaftliche Großbetriebe) Zucker, Baumwolle, Tabak und Kaffee anzubauen, die für den Konsum nach Europa exportiert wurden. Anleger pumpten immer mehr Geld in die äußerst rentablen Kolonialgesellschaften, deren Anteile schon früh in Form von Aktien an den Börsen gehandelt wurden, um den rasant wachsenden Kapitalbedarf für Schiffe, Mannschaften und Ausrüstung sowie Soldaten und Waffen zu decken.

(N.B. Das Vorbild für die „Handelskompanien“ der Engländer und Franzosen (und auch der Preußen) bildete die Niederländische-Ostindien-Kompanie, die fünfzig Jahre lang im 17. Jahrhundert den imperialen Ton angab. Ihre bürgerlich-kaufmännische Organisation ist die Keimzelle der heutigen Industrie- und Handelskonzerne.)

Elmina, ehemaliges Sklavenfort, Ghana

Rassismus als Instrument der Profitsicherung

Bis ins 17. Jahrhundert hinein war es noch üblich, Schuldner in Knechtschaft zu nehmen und auf den Plantagen der Neuen Welt ihre Schulden abarbeiten zu lassen. Nur überstieg der Bedarf an Arbeitskräften die „Produktion“ von Schuldnern in der Heimat. Außerdem erwiesen sich die Europäer als anfällig für Tropenkrankheiten, was ihre Nutzbarkeit stark einschränkte. Die pfiffige Lösung: Aus verarmten Schuldknechten wurden arme Sklavenaufseher. Jemand musste die Schwarzen schließlich im Zaume halten. Die ideologischer Rechtfertigung bildete die Mär von der gottgegebenen Überlegenheit des Weißen Mannes und seiner natürlichen Vormachtstellung in der Hierarchie der menschlichen Rassen. Jetzt hatte selbst der ärmste ausgebeutete Weiße einen trefflichen Grund, sich überlegen zu fühlen und mit seinem natürlich weißen Herren gegen die „schwarzen Bestien“ zu solidarisieren. Zur Verankerung dieser „ewigen Wahrheit“ wurde der Rassismus von der Kanzel gepredigt und in den Gesetzbüchern festgeschrieben. Die rechtliche Besserstellung armer Weißer, welche die Herrschenden nichts kostete, vergrößerte die Kluft zwischen arm und weiß und arm und schwarz. Anstatt Klassenhass gegen die adelige Elite und das Großbürgertum entwickelte sich Rassenhass gegen die ärmsten Opfer der neuen herrschenden Wirtschaftsordnung namens Kapitalismus. Die Rassenzugehörigkeit vernebelte das aufkeimende Klassenbewusstsein.

Der Bedarf an „weißen“ Kleinbürgern und Handwerkern war so groß, dass sogar die „verachteten europäischen Juden“ als Weiße angeworben wurden. Da man sie in Europa ohnehin loswerden wollte (was aber nicht gelang), lockten die „adeligen Herren“ sie mit großen Versprechungen in die Karibik, damit das Missverhältnis von Schwarzen zu Weißen nicht zu sehr auswuchs. Denn viele der in die Sklaverei verkauften und verschleppten Afrikaner wollten sich mit ihrem Schicksal nicht abfinden. Revolten waren an der Tagesordnung, sowohl auf der Überfahrt als auch auf den Plantagen. Zudem bestand eine enorme Nachfrage nach Arbeitssklaven, ständig musste neuer arbeitskräftiger Nachschub herangeschafft und domestiziert werden. Für einen Sklaven in Saint-Domingue, dem heutigen Haiti, kalkulierte man eine durchschnittliche „Nutzungsdauer“ von sieben Jahren. Sie wurden für den Reichtum der Kolonialmächte und ihres aufstrebenden Großbürgertums buchstäblich zu Tode geschuftet.

Die Abschaffung des moralisch seit Ende des 18. Jahrhunderts geächeteten Sklavenhandels, worin die haitianische Revolution von 1794-1804 eine wichtige Rolle spielte, wurde erst „offiziell Programm“, als die Briten sich aufgrund der Industrialisierung einen wirtschaftlichen Vorteil davon versprachen, a) die Sklavenarbeit durch Lohnarbeit zu ersetzen, und b) ihren imperialen Konkurrenten zudem einen ökonomischen Schaden zuzufügen. Deshalb brachte die Marine seiner Majestät jahrzehntelang Sklavenschiffe anderer Nationen auf dem Atlantik auf. Die Briten wollten so die Einhaltung des Verbots erzwingen – der wohl erste „Weltpolizei-Einsatz“ einer imperialen Großmacht. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Sklaverei weitestgehend durch eine neue Form der Abhängigkeit ersetzt worden: der Lohnarbeit.

Lohnsklaverei als soziale Errungenschaft

Die industrielle Revolution krempelte die europäischen Gesellschaften völlig um. Bisher überwiegend ländlich und von der Landwirtschaft geprägt, schossen an den Rändern der Städte die neuartigen Fabriken wie Pilze aus dem Boden. Ihren Arbeitskräftebedarf rekrutierten die Unternehmer aus der zunehmend verarmenden Landbevölkerung. Das neugeschaffene Proletariat besaß nur eine Handelsware: Die Arbeitskraft ihrer Körper. Man knechtete für Hungerlöhne und war völlig der Willkür der Bosse ausgesetzt. Schutzrechte und Hygieneverordnungen Fehlanzeige. In den Fabriken herrschten ebenso unsägliche Zustände wie in den Elendsquartiere, in die die Männer, Frauen und Kinder abends erschöpft heimkehrten. Als Reaktion auf die Ausbeutung und das Ungleichgewicht der Kräfte bildeten sich Solidargemeinschaften, aus denen die kommunistischen, sozialistischen und anarchistischen Bewegungen, Parteien und Gewerkschaften hervorgingen.

(N.B. Das Vorbild für die Fabriken des Industriezeitalters bildeten vor allem die britschen Handelsschiffe des 17. und frühen 18. Jahrhunderts. Deren Seeleute knechteten in einem streng hierarchisch strukturierten, arbeitsteiligen System, in dem der Schiffskapitän allmächtig war. Sie bekamen schlechtes Essen, harte Strafen, mussten rund um die Uhr zur Verfügung stehen und erhielten dafür eine schmale Heuer, um die sie häufig noch betrogen wurden. Historiker wir Marcus Rediker bezeichnen darum die Matrosen auf den Handelsschiffen als die ersten Industrielohnsklaven.)

Stillgelegter Lohnsklaven-Friedhof

Klassenkampf als unvermeidliche Folge

Die Geschichte seit Beginn der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis heute ist weitgehend die Geschichte des unerbittlichen Kampfes dieser beiden unvereinbaren Positionen: Auf der einen Seite die Klasse der Habenden (Eigentümerklasse) und auf der anderen Seite die Klasse der Habenichtse (der Rest). Sämtliche Bemühungen einer Angleichung, soziale Errungenschaften wie Arbeitsrechte und Gesundheits- und Sozialgesetzgebung, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die grundsätzliche Kluft unüberwindbar ist. Auf die Reformen (Stichwort: Soziale Marktwirtschaft) folgten die „Gegenreformen“ (Stichwort: Liberalisierung der Märkte), was nichts anderes hieß, als das Zurückdrängen der Errungenschaften und die Streichung von Rechten. Nach dem Fall der Sowjetunion und des Ostblocks nahm der Raubtierkapitalismus des Westens, der inzwischen in nahezu allen Staaten der Erde wütet, richtig Fahrt auf. Die Entwicklung in den letzten dreißig Jahren belegt dies auf dramatische Weise.

Und das Ganze geschah und geschieht nur aus einem einzigen Grund: Profit.

Die Religion, die dieses zerstörerische System in die Schädel eines jeden Menschen knüppelt – man könnte auch sagen, der tödliche Virus – heißt Kapitalismus. Seine Hohenpriester sind heute die Wirtschaftswissenschaftler und Organisationen wie das World Economic Forum. Ihre Verkünder sind die Politiker und die Medien. Ihre Nutznießer sind weniger als 0,01 % der globalen Bevölkerung. Ein anderer Teil der Bevölkerung, die inzwischen im Westen schrumpfende Mittelschicht und die Angehörigen der sogenannten PMC (Professional Managerial Class = die leitenden Angestellten) werden mit „relativen Krümeln“ abgespeist, damit sie bei Laune bleiben und Aufstiegshoffnungen hegen. Denn sie bilden das Reservoir für die „Erfolgsgeschichten“ (vom Start-up zum Milliardär), die das System als Köder für die Massen regelmäßig produzieren muss und die von den bürgerlichen Medien und der Entertainment-Industrie endlos perpetuiert werden. Die große mit billigem Konsum und/oder Gewalt domestizierte Restbevölkerung (die globale Mehrheit) wird ausgenutzt, ausgebeutet und ausgepresst – ob als Lohnarbeiter, Tagelöhner, selbständige Gig-Arbeiter oder Arbeitssklaven im Knast. (Mehr dazu siehe LINKs unten.)

Kapitalismus als Ursache allen Übels

Imperialismus, Sklaverei und Rassismus – man betrachte nur den Umgang der reichen Nationen mit den afrikanischen Staaten und anderen rohstoffreichen Ländern des globalen Südens – terrorisieren unseren Planeten unverändert. Warum? Weil das kapitalistische, den Profit über alles stellende und seine Ansprüche mit Gewalt (Sanktionen und hybrider Krieg) durchsetzende System auf ständiger Ausdehnung und brutaler Ausbeutung beruht (Stichwort: Globalisierung). Es produziert für die Mehrheit der Weltbevölkerung Not und Elend und ist nicht reformierbar. Wer das Gegenteil behauptet, der lügt. Entweder weil er oder sie Nutznießer dieses unerträglichen, unsere Lebensgrundlagen systematisch vernichtenden Irrsinns sind oder weil sie es hoffen zu werden.

Fortschritt ist schon eine großartige Sache, was?

LINK: Über die ideologischen Eliten und ihre Horrorzukunft für uns . . .

LINK: Über Milliardäre und Oligarchen und das System, das sie ermöglicht . . .

LINK: Über die Historie des US-Imperialismus und das Ende des europäischen Kolonialismus alter Prägung . . .

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert