Hollywood-Geheimagenten sind für’n Arsch und James Bond ist ein markengeiler Konsumfetischist mit der Lizenz zum Shoppen. Im Ernst, gibt es ein toteres Genre als Agententhriller? 5 ketzerische Gedanken zu überkommener Fiktion und ihrem schlechten Einfluss auf die Realität …
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Agentenfilme und -romane der Gegenwart waten in Einhundertjahren Popkultur-Mist, dessen ideologische Klischees inzwischen so breiig getreten sind, dass sie der Konsistenz von Haferschleim ähneln. Unabhängig davon wie pseudoclever und atemraubend der Mist für neue Ammenmärchen aufeinander geschaufelt wird. Trotz Irrungen und Wirrungen gaukeln sie dem Publikum ein Weltbild von Gut und Böse vor, behaupten natürlich, die Helden seien, ob spießig, erschöpft oder kinky, am Ende die Guten und retten uns selbstredend vor den Bösen.
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Da es von Ost bis West, von Nord bis Süd, längst keine Guten mehr gibt, sondern nur noch Graduierungen des Bösen, von ein bisschen weniger böse bis abgrundtief schlecht, sind alle Agentengeschichten der Gegenwart bestenfalls redundant, meistens jedoch ekelig abstoßend. N.B. Es soll ja immer noch Altvordere geben, die glauben im Segment Abgesang auf ____________ (hier eine beliebige Spielart des Agententhrillers einsetzen) Bedeutungsschwangeres zu erkennen. Ein müßiges Unterfangen.
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Klären wir die Frage nach dem fehlenden Guten. Dazu schauen wir uns die Staaten und ihre Politik an, welche Interessen frei und demokratisch gewählte Repräsentanten, dank Lobbyisten und Industriemilliarden, wirklich repräsentieren und welche Entscheidungen angesichts der Bedrohung Nr. 1, der existenziellen, globalen ökologischen Katastrophe getroffen werden. (Während ich das schreibe, hat es draußen 12° – in Deutschland, im Januar!). Dann stellen wir diese Interessen mit der Verpflichtung aus ihrem Amtseid gegenüber, wo immer irgendeine hohle Phrase vom „Wohle des Volkes“ spricht – soll damit eigentlich „die ganze Bevölkerung“ gemeint sein? – und zermartern uns das Hirn, wie denn diese beiden Positionen miteinander vereinbar sind? Äh … gar nicht? Richtig. Somit ist auch ein Geheimagent, der dieses System beschützen und bewahren will, ein völliger Anachronismus, bar jeder Rechtfertigung und nützlich wie Furunkeln am Arsch.
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Jetzt rufen die Systemvertreter panisch aus: und wer soll uns dann in Fiktion und Wirklichkeit vor all den Terroristen schützen? Niemand natürlich. Zynisch formuliert: Auch wenn wir als Einzelperson im bequemen Deutscheland direkt nichts mit den Gründen des Terrors zu tun haben (außer dass wir konsumieren und in den Urlaub fahren und mehr Kohlendioxid und Müll produzieren als die große Mehrheit der armen Schweine aus der „Dritten Welt“), gilt hier das gute alte Unrechtsprinzip der Sippenhaft. Es ist also nicht persönlich gemeint, höchstens individuelles Pech, wenn man im Flieger hockt, den eine Bombe zerreißt, oder vor der eigenen Haustür von einem psychopathischen IS-Heimkehrer überfahren wird oder einem irren Amokläufer vor die Flinte gerät. (Und sofort sind Langeweile und ewiges ins Smartphone starren passé, wird der öde Alltag endlich wieder zum Abenteuer.)
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Anarchie ist scheiße, zetert die hysterisierte Zivilbevölkerung und fordert die individuelle Aufrüstung (die auch Sig Sauer und Heckler & Koch nachdrücklich empfehlen) oder wahlweise einen richtig starken Staat mit jeder Menge Geheimagenten – der sämtliche Freiheitsrechte abschafft, dafür aber mehr Sicherheit verspricht – als Schutzwall gegen die sinnlose Gewalt. Nur wird das angesichts der wahren Katastrophe – siehe Punkt 3 – nichts nützen. Super, was?
Wer kommt trotzdem mit auf den Schießstand?