VIGILANTEN – work in progress

Die Stimmung im Viertel war extrem aufgeheizt. Jetzt gab es Tote auf beiden Seiten. Den 14-jährigen Jungen, der nichts mit der Gang zu tun hatte, und die Todesschützin, Polizeimeisterin Sina Mattern. Nach dem Eklat zwischen ihrem direkten Vorgesetzten Willes und dem Oberbürgermeister auf dem Friedhof, ging’s in die Kneipe . . .

In Hemdsärmeln, die Krawatten gelockert, standen sie dicht gedrängt am Tresen oder saßen eng beieinander um die Tische. Abschiedsbesäufnis nach der Beerdigung im Kollegenkreis, ohne die Familie, ohne OB und Polizeipräsi. Willes stand stocksteif vor dem Tresen und leerte methodisch sein Bierglas. Immer wieder klopften ihm Kollegen anerkennend auf die Schulter. Er nickte ihnen freundlich zu. Er war schon sehr betrunken und entschlossen, erst aufzuhören, wenn er umkippte.

Dana und Pawlowski lehnten ein Stück weiter und beobachteten die trinkende, palavernde Meute.

„Warum bist vorhin einfach abgehauen?”, wollte Pawlowski wissen.

„Soll ich mir vielleicht von dem OB Arschloch erzählen lassen, wie toll Sina war?”

„Wie toll war sie denn so?” Er konnte sich ein schmales Grinsen nicht verkneifen.

„Schon scheiße, dass es immer die Falschen erwischt, was, Pawlowski?”

Sie ließ ihn stehen. Pawlowski sah zu Benz herüber, der die beiden die ganze Zeit beobachtet hatte. Er rief: „Suchste eine neue Co?”

„Du mich auch, Kollege.“ Benz hob sein Glas und prostete Pawlowski zu.

Klemens versperrte Dana den Weg und sagte: „Du hältst dich echt für was Besseres.”

„Für was Besseres als dich? Aber ganz sicher. Wer tut das nicht?”

„Ich habe Sinas Mobilbox abgehört.”

Danas aufkommende Betroffenheit, schlugt sofort in trotzige Offenheit um, „na und, ich habe Sina geliebt.”

„Du miese, kleine Lesbe, hast geglaubt, du kannst sie mir wegnehmen, was? Fick dich.”

Er schob an ihr vorbei. Dana brauchte einen Moment. Ein betrunkener Kollege, der alles mitgehört hatte, lehnte sich vertrauensvoll herüber: „Nicht ärgern, ist nicht schlimm. Ich stehe auch auf Frauen. Wir können uns zusammen tun.”

Mechanisch verzog Dana die Lippen zu einem sparsamen Grinsen.

Nur hereinspaziert

Klemens drängte sich neben Pawlowski und bestellte ein Bier.

„Wer hat dich so zugerichtet?”, fragte Palowski.

„Sollst die anderen mal sehen.”

„Ihr Hunderter seid ganz harte Kerle.”

„Bettelst du um einen harten Beweis?”

„Von dir? Lass man stecken. Ich habe gehört, du bist sogar den Harten Hüte zu kernig.”

„Ach leck mich dich.” Jeder Arsch wusste anscheinend, dass seine Bewerbung beim SEK erneut abgelehnt wurde.

„Habe ich zu denen auch gesagt. Nur mich hat das SEK unbedingt gewollt. Das unterscheidet uns beide.”

Klemens sah ihn mitleidig an.

Pawlowski rückte dichter an ihn heran, sagte vertraulich, „Klemens, meinst du etwa, ich wüsste nicht, dass du mit deinen Kumpels die Jugendlichen aufgemischt hast? Und nicht nur die, den Asi-Treff haste neulich auch plattgemacht. Sogar ganz allein. Da sage ich mal, Respekt, der Herr.”

Darauf erwiderte Klemens lieber nichts. Sein Bier wurde vor ihm abgestellt. Er nahm einen mächtigen Zug.

Pawlowski wartete. „Nur wenn schon Schaden anrichten, dann muss man auch richtig Schaden anrichten.”

Klemens blickte ihn misstrauisch an und trank erneut einen langen Zug. Danach war sein Glas fast leer.

„Womit machen die Rifis ihre Kohle?”

Klemens zögerte einen Moment, bevor er sagte, „Einbrüche, Diebstahl, Schutzgeld. BTM. Prostitution.”

„Mit Weiß und Braun, mit Nutten und Schutzgeld und Waffen. Gratuliere. Der Kandidat hat hundert Punkte.”

„Willst du mich hier verarschen?”

Bier weckt auch das Tier in dir

„Das ist mein heiliger Ernst. Ich habe eine alte VP, die weiß, wie die Rifis ihre Geschäfte abwickeln, sie kennt die Wege von BTM und Geld. Die Behörde hat allerdings andere Prioritäten, denen sind kriminelle Familien wie die Rifis egal, auch wenn sie das Gegenteil behaupten. Sie interessieren sich nur noch für Terrorismus und Kostendämpfung.”

„Und warum sollte mich das interessieren?”

„Weil wir das Recht und die Ordnung sind, Klemens. Wir sind die letzte Bastion dieses Landes gegen das Kroppzeug. Nach uns kommt niemand mehr.”

Endlich einer, der’s auch kapiert, dachte Klemens.

Diesmal prosteten die beide Männer einander zu.

Dana beobachtete aus einiger Entfernung das vertrauliche Gespräch zwischen ihrem Co, Pawlowski, und Klemens. Benz reichte ihr ein Bier. Er schien ordentlich getankt zu haben. Automatisch stieß sie mit ihm an. Sie tranken.

„Sina war ’ne prima Co”, sagte Benz und stellte sein Glas ab.

„Ich weiß.”

„Aber wenn du mich fragst, Anwesende mal ausgeschlossen, sollten Frauen echt von der Straße bleiben. Am Ende ist das ist kein Job für euch. Ist meine Meinung.”

Dana musterte Benz. Der führte das Glas erneut an die Lippen.

„Sina hat mir erzählt, was für ein Schisser du bist, Benz. Sie hat untertrieben”, sagte Dana und schob ihr fast volles Bierglas beiseite.

„Blöde Fotze.” Mit einer abfälligen Geste, drehte Benz sich weg und verspritzte dabei sein halbes Bier.

Auf dem Klo hatte jemand in eine Kabinentür geritzt: „Jede Gesellschaft hat die Polizei, die sie verdient. Wir auch.” Mann, hier verkehren intellektuelle Polizeihasser, dachte Dana und ritzte „Genau” dahinter.

Weiter mit Teil 2 . . .

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