BEZAHLSCHWEINCHEN – Szene 7

Wenn Mama was will, springt Töchterlein, auch wenn sie es noch so sehr hasst . . .

INNEN. CAFÉ WOHLSINN – TAG

An einem der hinteren Tische des im Stil der Weimarer Republik dekorierten Lokals sitzt Frederike alias Gebieterin Astrid und wartet. Ungeschminkt wirkt sie in ihren abgeranzten Klamotten eher unscheinbar und blass. In diesem Augenblick kommt eine aufgedonnerte Frau herein, sie trägt keine Brille, obwohl sie es müsste, so wie sie blinzelt als sie ich suchend umschaut: Das ist PETRA, Frederikes Mutter.

FREDERIKE (winkend): Hier … Mama!

Petra rauscht heran, ihr wehender Mantel streift einzelnen Gäste über die Haare und durchs Gesicht. Sie schauen indigniert. Frederike grinst beschämt. Als ihre Mutter den Tisch erreicht, lässt sie sich schwer auf einen Stuhl fallen.

PETRA: Das war wieder eine Tortur. Ich brauche erstmal einen Schnaps. (greift Frederikes Glas, nimmt einen Schluck.) Rotwein, um diese Uhrzeit? Musst du nicht lernen?

FREDERIKE: Du wolltest mich doch unbedingt sehen.

PETRA: Darf eine Mutter nicht Sehnsucht nach ihrer Tochter verspüren? Du meldest dich ja nie.

FREDERIKE: Ach, Mama …

PETRA: Kind, jetzt sag nicht, dass es nicht stimmt. (Frederike nimmt einen Schluck Rotwein.) Egal, schön dich zu sehen. Du siehst gut aus. (Pause) Du auch. Danke, wie aufmerksam von dir Frederike.

Sie tätschelt ihrer Tochter die Hand, diese setzt das Weinglas ab. Als Petra danach greift, zieht Frederike es schnell weg.

PETRA: Gibt’s hier keine Bedienung?

FREDERIKE: Neben dir.

Jetzt sehen wir: die Bedienung steht direkt neben Petra.

BEDIENUNG: Hallo, was kann ich dir bringen?

PETRA: Meine Güte, Sie schleichen sich aber heran. Ich nehme auch so einen Rotwein da … und einen Wodka.

BEDIENUNG: Gerne.

Die Bedienung geht.

FREDERIKE: Wodka? Muss das sein?

PETRA: Ottmar ist ausgezogen. Der glaubt, mir geht’s jetzt schlecht. Da hat er sich aber geschnitten. Und bei dir?

FREDERIKE: Bei mir ist alles wie immer.

PETRA: Hast du endlich einen Job?

FREDERIKE: Hast du nicht gerade gefragt, ob ich lernen muss?

Frederike trinkt sichtlich genervt.

PETRA: Und was macht die Liebe? Etwa immer noch keinen Freund?

FREDERIKE: Mama, jetzt hör wirklich auf.

PETRA: Der Dani war doch ein prima Junge, der hat mir gefallen.

Veredelt jeden vollmundigen Rotwein

FREDERIKE: Dani war ein Idiot.

PETRA: Aber ein Süßer, das musst du zugeben.

Die Bedienung bringt ein Glas Rotwein und ein Schnapsglas mit Wodka.

FREDERIKE: Du musst es ja wissen, du hast ihn schließlich angemacht.

PETRA: Frederike, jetzt tu bitte nicht so, als wenn du auf deine alte Mutter eifersüchtig wärst. (sie kippt den Wodka in ihren Rotwein) Das ist zuviel der Ehre.

FREDERIKE: Was willst du von mir, Mama?

PETRA: Was hast du denn schon mit Männern durchmachen müssen?

FREDERIKE (leise): Du warst nicht mit deinem Vater verheiratet …

PETRA: Das kannst du ruhig laut sagen.

Petra nimmt einen Schluck Rotwein und schaut sich in dem Café um. Am Nebentisch nimmt ein junger Mann Platz.

PETRA: Dein Vater, Sigurd, Dennis, Ruben, Alf, Ottmar, alles Mistkerle. Jetzt ist die Miete fällig und ich habe nichts anzuziehen. Aber das macht dir ja nichts aus. Hauptsache …

Frederike holt ein paar Scheine aus ihrer Tasche.

PETRA: Unterm Tisch, Kind. Muss ja nicht jeder sehen.

FREDERIKE: Was, darf niemand erfahren, dass ich meine Mutter aushalte? Ihre Schulden bezahle?

Sie reicht ihr dennoch die Scheine unter dem Tisch.

PETRA (verletzt): Wie einfach du es dir immmer machst. Von wem hast du das nur?

FREDERIKE: Von dir bestimmt nicht, Mama. (steht auf) Ich muss lernen. Tschüss.

Petra greift Frederikes Arm und hält ihr die Wange hin. Ihre Tochter gibt ihr einen flüchtigen Kuss, bevor sie geht.

Ihr Rotweinglas nehmend prostet Petra mit einem aufreizenden Lächeln dem jungen Mann am Nebentisch zu.

PETRA: Meine Schwester ist wirklich eine unmögliche Person.

. . .

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