SUN TZU – The Art of Asskicking

In meinen jüngeren Jahren, als ich die im Monopoly-Spiel erteilten Lektionen, besser Demütigungen: „Gehe direkt ins Gefängnis, wenn du über Los kommst, ziehe keine 1000 Mark ei“, noch durch eine Karriere im Management erfolgreich zu kompensieren gedachte, kam mir das alte chinesische, dem General Sun Tzu zugeschriebene Strategiewerk unter, von dem ein Kollege nach einer völlig sinnlosen Marketingkonferenz entnervt behauptete, es sei das einzige Buch, das man kennen müsse, um die Märkte der Welt zu erobern, und die Idioten im Konferenzraum könnten sich ihren Power-Point-Quark dahin schieben, wo Proktologen das berufliche Auskommen fänden.

Er meinte natürlich „The Art of War“, zu deutsch, „Die Kunst des Krieges.“

Das Buch eröffnet mit der Feststellung, dass der Krieg eine Sache von Leben und Tod sei und existenziell für eine Nation, und man sich darum gründlich mit ihm beschäftigen müsse. Klingt einleuchtend. Nur, was hat Kriegsführung mit Kapitalismus zu tun?

Der Sinn allen Strebens dieses auf gnadenlosen Konkurrenzkampf ausgelegten Wirtschaftssystems, das gerne als das beste und einzige wahre und vor allem – und jetzt alle Leser laut im Chor – alternativloseste aller Systeme bezeichnet wird, ist natürlich der Sieg eines Unternehmens über seinen Wettbewerb, im Militärjargon, über den Gegner.

Nahezu alle Unternehmen formulieren konkrete Ziele – vorzugsweise nach den SMART-Kriterien, specific, measurable, attainable, realistic, timely – und benötigen eine konkrete Strategie, um jedes einzelne Ziel zu realisieren.

Gott ist ein App und fordert ständige Anbetung

Und hier kommt Sun Tzus geniales Machwerk ins teuflische Spiel, neben Machiavelli wohl das zweite, wichtige Buch für einen – wie hieß das noch in den seligen 1950er Jahren – Industriekapitän.

The Art of War ist ein Handbuch, eine auf Prinzipien und Maximen beruhende Anleitung zum Erlernen von strategischem Handeln. Darum universell einsetzbar, wenn man die Welt und/oder sogenannte Märkte als Schlachtfelder definiert, auf denen strategisches Agieren zum Erfolg führt.

In unserem Zeitalter sind die wahren Cäsaren die CEOs und der „Club der Milliardäre“ ist der Olymp. Ihnen gemein ist der rücksichtslose Gebrauch von sämtlichen verfügbaren Strategien und Taktiken zur Erreichung ihrer „egoistischen und dem Allgemeinwohl abträglichen“ Ziele. Diese schließen selbstverständlich auch „illegale Mittel“ wie Verschwörung, Korruption, Erpressung, Mord usw. ein. Was konsequent bestritten wird.

Um für die globale Endschlacht – angesichts der sich beschleunigenden Umweltzerstörung keine Übertreibung – gerüstet zu sein, muss jeder Manager mindestens die nachstehenden zehn Regeln von Sun Tzu (sie bilden nur einen kleinen Ausschnitt seines Werkes) herunterbeten und „intelligent“, d.h. zielführend, anwenden können.

Gleiches gilt selbstverständlich auch für jeden Systemgegner. Wie will man den Feind sonst durchschauen und erfolgreich einstampfen?

Deshalb im flottverdaulichen Twitter-Stil zum Anschmecken für die Gehetzten (wer mehr wissen will, muss selbst proktologengleich in die Materie eindringen, um im Bild meines Ex-Kollegens zu bleiben):

1

Lerne zu kämpfen

Um Widerstand zu überwinden oder etwas zu verteidigen, muss man kämpfen. Dazu braucht es das Wissen, wie und wann man kämpft, und das Training, um dieses Wissen umzusetzen. Wichtig ist ein kühler Kopf. Gefühle dürfen die klare Analyse- und Entscheidungsfähigkeit, vor allem unter Druck, nicht beeinträchtigen. – Klingt doch schon mal super, kennt jeder Die-Hard-Fan aus dem Home-Entertainment-Paket.

2

Zeige den Weg

Der Erfolg hängt von der Führungskraft ab. Richtige Führung umfasst sieben Eigenschaften: Selbstdisziplin, Ziele, Zielerreichungskriterien, Verantwortung, Wissen, Zusammenarbeit, Vorbild. – Man stelle sich seinen favorisierten Reigning Psychopath an der Macht vor und ordne jeder Eigenschaft ein Beispiel aus dessen in 2020 praktiziertem Verhalten zu: 140 Tweets in sechs Stunden, 2. Amtszeit, Wahlfälschung, Obama ist schuld, Fake News, Du bist gefeuert, Masken sind unmännlich. – Okay, zu leicht, aber Prinzip verstanden.

3

Mach’s richtig

Für das eigene Handeln vorteilhafte Bedingungen schaffen und die eigenen, begrenzten Mittel zum richtigen Zeitpunkt am effektivsten einsetzen. – Was, wann, wo und wie ? Universell anwendbar von der Liebeserklärung bis zum Drohnenangriff.

4

Kenne die Fakten

Informationen sammeln und richtig deuten. – Eine veritable Herausforderung in Zeiten des Propaganda-Info-Overkills, wo jeder idiotische Halbgedanke via asozialen Medien aller Welt zum Aufregen vor den Latz geknallt wird. Hier zeigt sich der wahre Meister.

5

Erwarte das Schlimmste

Angriffe erfolgen immer dann, wenn sie am wenigsten erwartet werden, darum gilt: sei immer wachsam, sei immer bereit. – Das ist die allgemeine Rechtfertigung der nuklearen Hochrüstung. Für den Hausgebrauch: Murphy’s Law existiert und Paranoia heißt lediglich, alle Fakten zu kennen, siehe 4.

Na, für welches Produkt wirbt Madame? – Tampons

6

Nutze den Tag

Schnelles Handeln, einfache Siege. Der wichtigste Faktor ist Geschwindigkeit, sie toppt viele andere Vorteile. – Wer schneller ist als die Konkurrenz, der bestimmt das Spiel und zwingt sie zur Reaktion, egal wie viel Blödsinn man verzapft. Kapiert, wie das Spiel um die Medienhoheit läuft?

7

Brich (brenn) die Brücken ab

Von nun an gibt es kein zurück. Die Angst vor der Niederlage treibt die Truppen voran in die Schlacht. – Dazu muss man nicht über den Rubikon schwimmen oder weitersegeln, weil der Proviant nicht mehr bis nach Spanien zurückreicht, das kennt jeder, der schon mal eine Ratte im Vorratskeller in die Ecke getrieben hat.

8

Mach’s besser

Sun Tzu meint, es gibt den Anforderungen einer Situation nach nur zwei Taktiken: die erwartete und die unerwartete. Die letztere schafft die Möglichkeit zum Sieg, nur weiß man das immer erst nachher. Vor Überraschungen ist niemand gefeit und auch nicht drauf vorbereitet. – Wie viele Zufälle für große (militärische) Erfolge wirklich entscheidend verantwortlich sind, wird von den Siegern, die natürlich die Geschichte schreiben, immer verschwiegen. Das lehrt uns, ohne Fortune ist es um jedes Unterfangen schlecht bestellt. Und Glück ist entgegen aller Behauptung nicht mit dem Tüchtigen, sondern dem Doofen.

9

An einem Strang ziehen

Die Truppe durch richtiges Training und Kommunikation zusammenschweissen, um den Erfolg zu maximieren. – Alle auf Linie bringen und durch Zielvereinbarungen (MBO) in die Pflicht nehmen. Die Menschenverächter in den Konzernen reden vom menschlichen Kapital, was früher die Arbeitskraft war, ist heute der Wertschöpfungsbeitrag.

10

Verunsichere sie

Ich zitiere aus einem Managementhandbuch: Die besten Wettbewerbsstrategien haben keine Form. Sie sind so subtil, dass weder die Konkurrenz noch die Kunden sie erkennen können. Gegen das, was man nicht sieht, kann man sich schlecht wehren. – Hoffen wir mal, dass der große Stratege nicht von den Schwaden der eigenen Nebelkerzen völlig verwirrt in den Abgrund plumpst.

Wenn alles verbrannt und verdorrt ist, verkaufen wir die schöne Aussicht

Als Zugabe für diejenigen, die bis hierher durchgehalten haben, die elfte Regel …

11

Geh saufen

Ob Erfolg oder Misserfolg, Gründe zum Feiern gibt’s reichlich, und sei es auch nur Angesichts der Erkenntnis, dass wir im endlosen Auf und Ab unserer Existenz am Ende alle Verlierer sind. – Wohl war, Prost.

LINK: Wer Niccolos Gemeinheiten noch mal nachlesen möchte …

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